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Tigers – Vechta

Natürlich gibt es gute Erklärungen dafür, warum die Tigers sich gegen Rasta Vechta so präsentierten, wie sie sich präsentierten: Die Auswärtspartie in Niedersachsen war das dritte Spiel in nur sechs Tagen und vor allem unter dem Korb war die ohnehin schon straffe Personaldecke durch den kurzfristigen Ausfall von Krišs Helmanis (gute und schnelle Besserung an der Stelle!) zum Zerreißen gespannt. Auch wenn die 103:72-Niederlage in Vechta vor diesem Hintergrund verständlich ist, ist das was auf dem Parkett stellenweise geboten wurde trotzdem nicht zu entschuldigen. Über weite Stellen wurde den Tübinger Fans feinstes Masochismus-Material geboten und der positive Eindruck vom überraschenden Auswärtssieg in Bonn (sorry für den fehlenden Bericht hier, ich war leider urlaubsmäßig verhindert) gründlich relativiert. Genau in solchen Spielen ist es der klare Auftrag dieses Blogs, nicht wegzuschauen, sondern – auch wenn es wehtut – Saison-Lowlights wie den gestrigen Auftritt im Rasta Dome angemessen zu dokumentieren. Hier also nochmal zum Genießen ein Abriss des Aufsteiger-Duells am dritten Spieltag.

Chronik einer Demontage

1. Viertel

  • 9:48: Die Tigers starten tatsächlich sehenswert in die Partie. Nachdem Kao den Tip-Off gewinnt (Überraschung!) steigen die Tigers mit einem schönen System ins Spiel ein, das nach einer Screen-the-Screener-Action zu einem hübschen Alley-Oop-Dunk von Kao nach Pass von Jhivvan Jackson führt. Die Tigers führen in Vechta mit 0:2.
  • 08:11: Erster Tip-In des 18-jährigen Johann Grünloh gegen Kao, der zwar zwischen seinem Gegenspieler und dem Korb steht, Grünloh aber keinen nennenswerten Widerstand leistet. 4:5.
  • 06:06: Nachdem die Tigers einen Rebound (mal wieder) nicht festhalten können, landet der Ball im Aus, Einwurf Tigers. Erol Ersek wirft den Ball deutlich zu hoch ein, Jhivvan Jackson ist zu klein um ihn zu kontrollieren. Resultat ist ein unnötiger Turnover und Einwurf Vechta. Da Joel Aminu offensiv für Vechta schon richtig am Aufdrehen ist, steht es inzwischen 9:6.
  • 05:05: Gelungene Aktion der Tigers! Jimmy Boeheim, der mir heute eh gut gefällt und zumindest sichtlich motiviert ist, wird von Jhivvan Jackson für den 1-gegen-0-Fastbreak bedient und schließt – bescheiden, wie er ist – nur per Fingerroll, anstatt per protzigem Dunk ab. Zwischenstand: 14:8.
  • 04:15: Erste Auszeit Jansson, seine Tigers liegen inzwischen mit 19:8 zurück. Mein Takeaway der fundierten Ansprache: „We’re losing every freaking rebound!” Wo er Recht hat, hat er Recht. Joel Aminu hat mit 11 Punkten inzwischen mehr gescort als das gesamte Tübinger Team.
  • 01:21: Vechtas Wes Iwundu drückt Aatu Kivimäki einen Dreier ins Gesicht und knackt so die 30-Punkte-Marke für sein Team, Zwischenstand: 30:17. Positiv: offensiv sieht es bei den Tigers momentan gar nicht so schlecht aus. Negativ: Vechta scort wirklich nach Belieben.
  • 00:20: Christoph Philipps, der bei den Tigers inzwischen längst fest auf den Big Men-Positionen eingeplant ist, erzielt per Dreier die letzten Punkte des Viertels. Der Zwischenstand zur Viertelpause von 32:20 ist absolut verkraftbar, wenn man die Reboundbilanz von 13:3 bedenkt.

2. Viertel

  • 09:00: Johann Grünloh macht das, was er am liebsten macht: die Tigers für schwache Boxouts bestrafen – diesmal aus der Transition, anstatt aus dem Setplay – das Ergebnis ist aber das bekannte: erfolgreicher Tip-In des Vechtaer Top-Talents. 36:20.
  • 08:26: Das selbe Play nochmal? Das selbe Play nochmal! Kao schaut beim Defense-Rebound zu, Grünloh geht dem Ball nach und tippt ihn rein. 38:20.
  • 05:43: Nachdem Jhivvan Jackson endlich einmal eine Loose-Ball-Situation für die Tigers entscheidet, findet er Jimmy ‚Buckets‘ Boeheim in der Ecke, dieser verwandelt den Dreier zum 38:27. Mit ihrem Microball-Drei-Guard-Lineup bestehend aus Till-Joscha Jönke, Gianni Otto, Jhivvan Jackson, Chrissi Philipps und Jimmy Boeheim sehen die Tigers momentan in Sachen Einsatz und Mindest endlich etwas besser aus und zwingen Vechta sogar zur Auszeit.
  • 05:17: Gianni Otto bedient den um den Block kommenden Jhivvan Jackson zum Dreier, dieser verwandelt und mit 40:30 sieht es für die Gäste auf einmal gar nicht mehr so übel aus. Übel hingegen die Angewohnheit des DYN-Kommentators, die Nummer 26 der Tigers durchgängig als ‚Till-Joschka Jönke‘ zu bezeichnen.
  • 02:00: Durch einen hübschen Korbleger aus dem (von den Tigers schlecht verteidigten) Pick-and-Roll knackt Vechtas Nat Diallo zwei Minuten vor der Pause schon die 50-Punkte-Marke für seine Mannschaft. Während Rasta offensiv wieder rollt, geht offensiv für Tübingen nichts. Zwischenstand ist dementsprechend ein deutliches 51:33.
  • 01:13: Nächste Jansson-Auszeit. „This is fucking embarassing“ – vor allem die Pick-and-Roll-Defense missfällt dem Tigers-Coach, der beim Stand von 53:35 zurecht Besprechungsbedarf sieht.
  • 00:42: Die Tigers-Auszeit hat gefruchtet, Tübingen ist zumindest kurzfristig wacher, selbstbewusster und legt einen schnellen 5:0-Lauf hin, der beim Stand von 53:40 Rasta-Coach Ty Harrelson wiederum zur Auszeit bewegt.
  • 00:00: Mit 55:42 endet eine erste Halbzeit, die aus Tübinger Sicht zwar keinesfalls überragend war, aber unter anderem wegen des Aufbäumens zum Ende des zweiten Viertels noch lange nicht das Prädikat ‚katastrophal‘ verdient hat.

3. Viertel

  • 09:35: Johann Grünloh, um den ich Rasta immer mehr beneide, ist weiter jung, hungrig und leidenschaftlich und scort die ersten beiden Punkte der zweiten Halbzeit, indem er Kao erbarmungslos aufs Poster packt. 57:42.
  • 07:35: Jhivvan Jackson sucht (endlich wieder) seinen eigenen Abschluss und erzielt mit seinem And-One-Korbleger (endlich) den ersten Tübinger Feldkorb der zweiten Hälfte. Nach dem Bonusfreiwurf steht es 60:46.
  • 05:36: weiter ist Jhivvan Jackson der einzige Tigers-Spieler, der offensiv produziert. Nach Till-Joscha Jönkes Offensivrebound verkürzt der Tigers-Point Guard auf 65:50 und sorgt dafür, dass sein Team noch nicht komplett den Anschluss verliert.
  • 04:48: Defensiv sind die Adjektive, die einem zur Leistung der Tigers in den Sinn kommen ‚unentschlossen‘, ‚leidenschaftslos‘, oder ‚pomadig‘. Joel Aminu, der macht, was er will, scort aus der Mitteldistanz zum 70:50. Danny Jansson muss mit der Auszeit reagieren.
  • 02:47: Nochmal ein Highlight für die Fanseele: Kao wird aus dem Pick-and-Roll von Jhivvan Jackson angespielt und vollendet in feinster Grünloh-Manier per sehenswertem Dunk. 76:54.
  • 01:56: Gianni Otto, für den es mich sehr freut, dass er endlich mal relevante BBL-Minuten gehen darf, zieht ein Offensivfoul im Vechtaer Spielaufbau. Schwappt das Momentum vielleicht doch nochmal auf Tigers-Seite?
  • 00:48: Vechta wirkt inzwischen auch nicht mehr so souverän, wie noch zuvor. Ryan Schwieger wirft mit Ablauf der Shotclock einen Airball, im Gegenangriff trifft Gianni Otto den Dreier. Es steht 78:58 und es fühlt sich gar nicht mehr so schlimm an, hier als Tigers-Fan zuzuschauen.
  • 00:20: Die Schmerzen sind zurück, sowohl bei den Zuschauer:innen, als auch bei Aatu Kivimäki, der sich in der Defensive ohne Gegnereinwirkung den Fuß vertritt und mit einer offensichtlichen Sprunggelenksverletzung vom Feld humpelt – der Super-GAU für den ohnehin schon dezimierten Tigers-Kader. Dass Vechta im gleichen Angriff auch noch scort und die Führung zum Viertelende auf 80:58 stellt, ist absolut nebensächlich.

4. Viertel

  • 07:58: In einer inzwischen auf beiden Seiten unansehnlichen Partie sind die Tübinger die schwächere Mannschaft und leisten sich offensiv abwechselnd Fehlwürfe und vermeidbare Ballverluste. Nach zwei punktelosen Minuten und dem Zwischenstand von 83:58 steht die nächste Jansson-Auszeit an.
  • 07:11: Nach drei Minuten Flaute erzielt Chrissi Philipps nach einem zugegebenermaßen ansehnlichen Postmove per And-One die ersten Tigers-Punkte des Schlussabschnitts. Nach dem Bonusfreiwurf steht es 85:61, jegliche Hoffnungen auf ein eventuelles Tigers-Comeback sind inzwischen längst verstorben und feierlich beerdigt. Es geht darum, die Partie ohne weitere Verletzungen über die Bühne zu bekommen – und so sieht das Spiel leider auch aus.
  • 05:12: Jhivvan Jackson contestet den Dreier von Chip Flanigan zu ungestüm und begeht auf unnötigste Weise sein fünftes Foul, womit die Aufbauverantwortung auf Till-Joscha Jönke übergeht. Nach Flanigans Freiwürfen steht es 90:61 und die inzwischen offensiv komplett planlosen Tigers haben in der ersten Hälfte des Schlussviertels atemberaubende drei Punkte erzielt.
  • 03:47: Einen schönen Moment bieten die Tigers noch, als knapp vier Minuten vor Ende Joshi Schwaibold eingewechselt wird und seine ersten Bundesliga-Minuten sammeln darf. Herzlichen Glückwunsch dazu, hoffentlich folgen noch viele weitere!
  • 01:57: Ebenfalls ein versöhnliches Abschlussgeschenk an die Tigers-Fans ist die Gianni-Otto-Show, die sie nun in den Schlussminuten genießen dürfen. Offensiv ist Otto so ziemlich der einzige Aktivposten und schraubt mit seinem Dreier zum 96:72 sein persönliches Punktekonto auf 12. Dazu ist Otto nach Abpfiff mit sechs Rebounds als Point Guard der Top-Rebounder seiner Mannschaft und so ziemlich der einzige Lichtblick an einem düsteren Basketball-Abend.
  • 00:29: Per And-One-Dreier gegen den ungelenk herauseilenden Kao erzielt Vechtas Chip Flanigan die letzten Punkte der Partie. 103:72 lautet das verdiente Endergebnis im Rasta-Dome. Eine der Hauptbaustellen bei den Tigers war mal wieder das Rebounding, wo das statistische Duell mit 44:29 an die Hausherren ging, aber auch offensiv war das über weite Strecken eine wirklich unrunde Leistung.
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Tigers – Ulm

Was wäre das für eine triumphale Rückkehr in die Bundesliga gewesen? Heimsieg von David gegen Goliath, vom Aufsteiger gegen den deutschen Meister, Derbysieg vor ausverkaufter Paul Horn-Arena! Über drei Viertel konnte man als Tigers-Fan gestern träumen, dass die Rückkehr in die BBL in bester Sportschnulzen-Drehbuchmanier verlaufen würde, bis im letzten Viertel dann die Körner ausgingen und Ulm das Spiel doch noch souverän mit 84:99 nach Hause bringen konnte. Trotzdem bin ich einen Tag danach nicht enttäuscht, sondern eher vorsichtig zuversichtlich nach der starken Vorstellung der Tigers, die sich vor allem im Vergleich zum Saisonauftakt im Pokal gegen Braunschweig stark verbessert gezeigt haben und am Ende in vielerlei Hinsicht einfach zu klein waren, um die Sensation klarzumachen.

Rotation: zu kurz

Konnte man vor der Saison noch davon ausgehen, dass die Breite eine der großen Stärken des Tigers-Kaders sein würde, der durch die späte Verpflichtung von Chrissi Philipps vor allem auf den deutschen Positionen so besetzt schien, dass Danny Jansson fast eine Zwölfer-Rotation spielen konnte, sah der Saisonauftakt in dieser Hinsicht dann doch ganz anders aus. Durch die Verletzungen von Daniel Keppeler und Mateo Šerić, und die Tatsache, dass Erol Ersek weiterhin auf seinen deutschen Pass wartet und so den Import-Spot nutzen musste, den im Pokalspiel noch Zaccheus Darko-Kelly belegt hatte, traten die Tigers mit einem Zehnerkader gegen Ulm an, wobei Gianni Otto gar nicht zum Einsatz kam und Danny Jansson so effektiv eine Neuner-Rotation nutzte. Vor allem unter dem Korb machte sich das Fehlen zweier deutscher Leistungsträger mit Šerić und Keppeler bemerkbar.

Bis zum Schlussviertel konnten die Tigers bemerkenswert gut mithalten und Ulmer Läufe jeweils mit eigenen Runs beantworten. Mitte des dritten Viertels lagen die Gastgeber schon zweistellig zurück (56:68, 36. Minute), doch kamen angetrieben vor allem durch den wieder bockstarken Jhivvan Jackson gegen Ende des Spielabschnitts wieder auf einen Punkt heran (70:71). Im Schlussviertel mussten die Gastgeber ihrere intensiven Spielweise und dem dünnen Kader dann aber doch Tribut zollen: mit Kao und Krišs Helmanis waren die beiden einzigen wirklichen Bigs des Kaders schon mit vier Fouls belastet, während es den Tübinger Guards offensiv immer schwerer fiel, gegen den konstanten Ulmer Druck dagegenzuhalten. Am Ende des Spiels hatten mit Kao, Chrissi Philipps, Erol Ersek, Jhivvan Jackson und Krišs Helmanis die fünf Tigers-Spieler mit der längsten Einsatzzeit 22 ihrer verfügbaren 25 Fouls begangen, wobei Helmanis und Jackson das Ende des Spiels dann ausgefoult von der Bank aus beobachten mussten. So beendeten die zurecht platten Tigers das Spiel mit einer Siebener-Rotation und konnten außer in Person von Till-Joscha Jönke, der sich in den letzten Minuten noch einmal ein Herz nahm und seinem Ex-Club sechs Punkte einschenkte, überlegenen Ulmern nichts mehr entgegensetzen.

Unter dem Korb: zu schwach

Auch wenn die Reboundstatistik zum Ende des Spiel mit 30:40 aus Tübinger Sicht beinahe versöhnlich aussieht, war die Ulmer Dominanz unter den Brettern vor allem in der ersten Halbzeit des Spiels regelrecht erschreckend – das ganze ging zeitweise so weit, dass ich bei Ulmer Freiwürfen lieber gesehen habe, dass der zweite Versuch erfolgreich war, da ich zu große Angst vor dem Ulmer Offensivrebound hatte. Zur Halbzeitpause sah die Reboundbilanz von Tübinger Seite mit 9:21 dementsprechend düster aus. Vor allem der Tigers-Trefferquote aus der Distanz (40%, denen nur 18% auf Ulmer Seite gegenüberstanden) war zu verdanken, dass das Spiel zur Halbzeit mit 48:52 noch offen war.

Der Grund für die Tübinger Reboundunterlegenheit im ersten Spielabschnitt ist sicherlich zum einen in der Einstellung der Mannschaft zu suchen – wie mir in der Jugend schon immer eingebläut wurde, ist Rebounding zu einem großen Anteil eine Frage des richtigen Mindsets – die zur zweiten Halbzeit wohl justiert wurde, wo das Reboundduell sich dann ausgeglichen gestaltete. Trotzdem wäre es nach zwei Pflichtspielen, in denen die Tigers jeweil am Brett deutlich unterlegen waren, falsch, hier nicht auch auf die momentane Kaderzusammenstellung einzugehen. Spätestens mit der Verpflichtung Kaos war klar, dass die Tigers in dieser Saison unter dem Korb auf die Variante ‚Leichtbau‘ setzen werden und so gegen praktisch jeden Gegner in der BBL wenn nicht größenmäßig, dann zumindest kraftmäßig unterlegen sein würden – wobei die momentanen Verletzungen von Mateo Šerić und Daniel Keppeler diese Lage natürlich noch potenzieren. So bestand die Rotation der Tigers unter dem Korb gegen Ulm nur aus drei (wohlwollend so bezeichneten) nominellen Big Men: Kao (offiziell 2,08 m, 86 kg), Krišs Helmanis (2,09 m, 100 kg) und Jimmy Boeheim, der als Vierer ganze 2,03m und 98 kg mitbringt.

Schon gegen Braunschweig mit Jilson Bango war offensichtlich, dass diese Aufstellung vor allem defensiv anfällig ist und gegen die Ulmer Big Boys um die sympathischen Brecher Trevion Williams und Nicolas Bretzel, aber auch gegen athletische Flügel wie L.J. Figueroa und Karim Jallow wurde nochmal deutlich, dass der aktuelle Tigers-Kader große Probleme hat, Physis zu kontern. Williams, Figueroa und Jallow durften zu dritt ganze 28 (!) mal an die Freiwurflinie treten, was ein Freiwurf mehr ist, als das gesamte Tigers-Team nehmen durfte. Ohne Fouls konnten die Tübinger den (ehemaligen?)1 Erzrivalen unter dem Korb einfach nicht stoppen.

Zumindest in der momentanen Kaderzusammenstellung wird der Umgang mit gegnerischer Physis eine der großen Fragen sein, die der Tigers-Coaching-Staff vor den nächsten Spielen gegen Bonn und Vechta in seinen Herzen bewegen muss – selbst wenn die beiden genannten Teams bisher nicht unbedingt durch ihre Durchschlagkraft unter dem Korb glänzen. Und auch nach der Rückkehr von Šerić und Keppeler sehe ich trotz der unbestreitbaren Qualitäten der beiden keine unmittelbare Besserung in Sachen Körperlichkeit. Selbst Bakary Dibba, den ich schon kurz nach seiner Leihe nach Karlsruhe schwer vermisse, hätte zwar gestern defensiv die richtige Einstellung gebracht, aber wäre angesichts seines Körperbaus auch nicht die Patentlösung für die fehlende Durchschlagkraft unter dem Korb gewesen. So wird es sehr spannend zu sehen, wie Danny Jansson und Co. (die gegen Ulm modemäßig zum Saisonauftakt mit ihren aufeinander abgestimmten Boss-Rollkragen-Pullovern mit wunderbar billig wirkendem Gold-Aufdruck schon einmal ein absolutes Ausrufezeichen gesetzt haben) in den kommenden Spielen versuchen werden, die körperliche Unterlegenheit ihrer Mannschaft unter dem Korb auszugleichen – oder die hohe Mobilität ihres Frontcourts sogar zu einer Stärke der Mannschaft wenden können.

Selbstvertrauen: groß genug

Nach dem Heimauftakt gegen Ulm Trübsal zu blasen und die Saison abzuschreiben wäre trotz unbestreitbarer Probleme der Tigers, besonders unter dem Korb, aber mehr als ungerechtfertigt. Besonders offensiv sah das schon deutlich besser aus, als noch vor einer Woche gegen Braunschweig – vor allem in Bezug auf das Selbstvertrauen der Mannschaft. Hier setzte Erol Ersek (oder Erol Erscheck in den Worten des DYN-Kommentators), der für Zaccheus Darko-Kelly in der Kader gerückt war, direkt von Beginn an eine starke Duftmarke und hielt direkt ohne zu zögern von der Dreierlinie drauf. Bis zu seiner Auswechslung in der sechsten Minute hatte der Tigers-Guard schon dreimal aus der Distanz draufgehalten und dabei auch einmal getroffen – klar keine ganz optimale Quote, doch die Einstellung, die Würfe vom Start weg mit voller Überzeugung zu nehmen, war die absolut Richtige und setzte für die ganze Mannschaft den Ton für die weitere Partie.

Auch Jhivvan Jackson, der mir gegen Braunschweig noch zu verhalten begonnen hatte, zeigte diesmal direkt von Spielbeginn an, dass mit ihm als Scorer zu rechnen ist, beschränkte sich nicht auf den vorsichtigen Spielaufbau, sondern nahm sich die ersten beiden Würfe der Partie und setzte so den Grundstein für eine weitere hervorragende Scoring-Performance – am Ende standen für den Tigers-Guard 24 Punkte bei starken 60% aus dem Feld zu Buche. Dabei bin ich nach wie vor der Überzeugung, dass das offensiv mit Abstand beste Tübinger Guard-Lineup aus Jackson in Kombination mit Aatu Kivimäki besteht – so müssen beide nicht die komplette Last des Spielaufbaus alleine tragen und schaffen Räume und Scoring-Möglichkeiten für den jeweils anderen. Ein eindrückliches Beispiel für das gemeinsame Offensivpotential der beiden Guards war der 8:0-Lauf Ende des zweiten Viertels, als die beiden innerhalb einer Minute gemeinsam 8 Punkte und einen Assist auflegten, den Rückstand ihrer Mannschaft von 38:48 auf 46:48 schraubten und so Anton Gavel in der 19. Minute zur Auszeit zwangen. Natürlich bin ich mir bewusst, dass die Tigers – deren mangelnde Länge und Physis ich vor drei Absätzen noch laut beweint habe – es sich defensiv nicht dauerhaft leisten können, zwei Guards von 1,83 m und 1,85 nebeneinander auflaufen zu lassen. Offensiv sehe ich in diesem Duo in durch die Kombination aus Shooting, Playmaking und Drive (den dabei vor allem Jackson mitbringt) aber ein Cocktail, der viele BBL-Defensiven vor ernsthafte Probleme stellen kann.

Und wenn ich mich schon mit dem Thema des offensiven Selbstbewusstseins beschäftige, komme ich natürlich nicht darum herum, noch ein paar Worte zu Jimmy Boeheim zu verlieren, der in dieser Hinsicht bisher mein absolutes Sorgenkind im Kader war. Zwar zeigte Jimmy Buckets, wie ich ihn liebend gerne öfter nennen würde, von der Dreierlinie immer noch hin und wieder Rehkitz-ähnliche Scheu und passte den Ball für meinen Geschmack etwas zu schnell weiter, auf dem Weg zum Korb konnte er aber die guten Ansätze, die er gegen Braunschweig hatte aufblitzen lassen, weiter bestätigen und ging wiederholt auch gegen den Mann und mit Kontakt erfolgreich zum Korbleger hoch. Dazu war er auch an den Brettern engagiert und konnte in seinen nur knapp 20 Minuten Spielzeit sechs Rebounds, darunter zwei offensive (beides Tigers-Bestwert) abgreifen. Ich hoffe die Form- und vor allem Selbstvertrauenskurve zeigt hier in Zukunft noch weiter und vielleicht sogar noch etwas steiler nach oben, dann könnten wir noch große Freude an unserem Import-Forward haben.

(1): Zumindest ich verspüre beim Derby gegen ratiopharm ulm (als Teil der Corporate Identity konsequent klein zu schreiben!) schon seit langem keine ernsthafte Abneigung mehr gegen den Gegner – und habe den Eindruck, dass nicht zuletzt durch die zunehmende Anzahl an Querverbindungen der beiden Teams das Klima sich hier auch allgemein immer mehr zu einer freundlichen Rivalität wandelt. Mit Danny Jansson, Timo Lanmüller, Chrissi Philipps, Till Joscha-Jönke, Tyron McCoy und Robert Wintermantel – um nur die zu nennen, die mir spontan einfallen – gibt es auf beiden Seiten genug Akteure mit einer Vergangenheit beim jeweiligen Rivalen, um als Fan den gesamten Spieltag mit ‚Judas‘-Schreien zu verbringen. Dass das so nicht eingetreten ist, finde ich persönlich sehr angenehm. Die Tatsache, dass das Duell seit inzwischen gut einem Jahrzehnt auch längst nicht mehr auf sportlicher Augenhöhe geführt wird, wird ihr übriges getan haben, eventuell vorhandenen persönliche Animositäten weiter zu entspannen.

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Tigers – Braunschweig

Mit einer 64:78 verlieren die Tigers ihr erstes Pflichtspiel der Saison gegen die Basketball Löwen Braunschweig und scheiden direkt in der ersten Runde aus dem BBL-Pokal aus. Viel interessanter als das in der einschlägigen Medienlandschaft so gerne zitierte Duell der Raubkatzen (@Michael Körner: ein 1-gegen-1-Konflikt zwischen einem echten Tiger und einem Löwen würde vermutlich an den gewichtsmäßig überlegenen Tiger gehen, wobei der Löwe als Rudeltier vermutlich das 1-gegen-1-Duell ao auch nicht suchen würde) war für mich dabei das Aufeinandertreffen zweier Teams, die sich eine sehr ähnliche Philosophie auf die Fahnen geschrieben haben. Sowohl Braunschweig, als auch die Tigers stehen in ihrer Außendarstellung für die Entwicklung junger Talente, denen auf höchstmöglichem Niveau Vertrauen geschenkt werden soll. So stand gestern das Duell von #jungwildhungrig gegen jung-hungrig-leidenschaftlich an, wobei der Sieg der Braunschweiger letzten Endes nie wirklich gefährdet war – und den Tigers aufgezeigt wurde, dass der Sprung in die BBL doch ein ordentlicher ist.

Spielverlauf

Die Tigers starten unsicher in die Partie, defensiv bekommen sie vor allem Jilson Bango nicht in den Griff, der unter dem Tübinger Korb nach Belieben wütet und acht der ersten 14 Braunschweiger Punkte erzielt – sechs davon per Dunk. Nach viereinhalb gespielten Minuten steht es 4:14 und Danny Jansson bittet zur Auszeit. Danach – meiner Meinung nach nicht zuletzt dank der Einwechslung von Aatu Kivimäki – finden die Tübinger besser in die Partie. Krišs Helmanis‘ Drop-Defense gegen das Pick-and-Roll hilft, die Löwen vom Tübinger Korb fernzuhalten und vorne fallen endlich ein paar Würfe. In der neunten Minute steht es 17:20 und Braunschweigs erste Auszeit steht an. Unnötigerweise fangen sich die Tigers kurz vor Viertelende noch einen Korbleger von Barra Njie (der auf mich wie eine ganz exzellente Verpflichtung der Löwen wirkt), so dass nach zehn Minuten ein Stand von 17:22 die Anzeigetafel der Paul Horn-Arne ziert.

Der Start in Viertel Nummer zwei ist aus Tigers-Sicht wieder zu verhalten. Defensiv stellt der pfeilschnelle Njie die Tübinger vor große Probleme und offensiv wirkt es so, als ob bei großen Teilen des Teams eine gehörige Portion Selbsvtertrauen fehlt. So steht es in der 12. Minute 19:27 und erst jetzt fangen sich die Tigers allmählich. Endlich wird Jhivvan Jackson offensiv als Scorer tätig, aber vor allem defensiv sieht es jetzt aus wie der Tigers-Basketball der Vorsaison: engagiert, richtige Körpersprache, gelungene Kommunikation. Als Resultat kommen die Löwen kaum mehr zum Tübinger Korb und nur die wirklich schreckliche Dreierquote der Tigers hindert sie daran, in dieser Phase in Führung zu gehen. In der 16. Minute kommen die Gastgeber so auf 28:30 heran, müssen vor allem aufgrund akuter offensiver Harmlosigkeit die Löwen bis zur Halbzeitpause aber wieder auf 32:38 davonziehen lassen.

Aus der Halbzeit kommen die Tigers als die selbstbewusstere Mannschaft. Endlich nimmt sich Jimmy Boeheim auch mal ein Herz, attackiert direkt gegen Martin Peterka und kann immerhin bei einem seiner beiden Drives scoren. Zwei Minuten nach der Pause steht es 38:40, doch es ist wieder die Wurfquote der Tigers, die nur selten unter dem Korb zu guten Abschlüssen kommen und von der Dreierlinie Fahrkarte nach Fahrkarte schießen, die verhindert, dass die Tübinger die Führung erkämpfen können. Zur Viertelmitte sind es immer noch nur mickrige sechs Punkte, die unsere jungen, hungrigen und leidenschaftlichen Raubkatzen erzielt haben, so dass Braunschweig sich wieder auf 38:46 absetzen kann. Auch Timo Lanmüllers Dreier zum 41:48 (27. Minute), der nochmal kurz Hoffnung aufkommen lässt, ist nicht der erwünschte Befreiungsschlag. Zehn Minuten vor Spielende steht es so 45:57 und so langsam drängt sich die Frage auf, ob die Tigers in diesem Spiel noch die magische 60-Punkte-Schallmauer durchbrechen werden.

Das Schlussviertel beginnt mit etwas, das ich gerne schon viel früher gesehen hätte: Jhivvan Jackson beschließt, dass nun Scoring-Zeit ist und stemmt sich offensiv alleine gegen die drohende Niederlage. Zehn Tigers-Punkte in Folge gehen auf das Konto des Puerto Rican Iverson – ein Zwischenstand von 55:65 und eine Braunschweiger Auszeit sind in der 34. Minute die Folge. Danach kann Braunschweig die Jackson-Show allerdings erfolgreich unterbinden, doppelt den potentesten Tigers-Scorer sogar kurzzeitig, während bei den Tübingern scoring-mäßig niemand in die Bresche springen kann. Es ist nicht so, dass die Tigers in dieser Phase den Eindruck machen, nicht mehr zu wollen, sie können einfach nicht – was mit Ausblick auf die bevorstehende Saison vielleicht sogar das entmutigendere Zeichen ist? Spätestens mit Barra Njies sehenswertem And-One-Dunk zum 60:73 ist drei Minuten vor Abpfiff die Messe gelesen und das Tübinger Pokal-Aus besiegelt.

Was mir sonst noch relevant erscheint

  • Two-Man-Show: für weite Strecken des gestrigen Spiels waren es Krišs Helmanis und Jhivvan Jackson, die die Tigers getragen haben. Helmanis hat mich vor allem defensiv beeindruckt. Gegen seine Drop-Defense im Pick-and-Roll hatte Braunschweig immer wieder Probleme und auch gegen den physisch extrem starken Jilson Bango konnte Helmanis – bei dem zumindest ich immer wieder vergesse, dass er erst dieses Jahr 21 geworden ist – beim Rebound wirklich dagegenhalten. Jackson war hingegen die einzige zuverlässige Offensiv-Waffe der Tigers. Nach drei Vierteln, die für mich schon wieder fast zu zurückhaltend waren, drehte er im Schlussabschnitt auf und demonstrierte eindrücklich, dass er momentan der einzige wirkliche Scorer im Tigerskader ist – was er von mir aus schon viel früher hätte tun können. Statistisch steuerten Helmanis und Jackson gemeinsam 30 der 64 Tübinger Punkte, 15 der 29 Tübinger Rebounds und 6 der 15 Tigers-Assists bei – jeweils 47, 52, bzw. 40 Prozent der Gesamtausbeute ihrer Mannschaft. Diese Verteilung spricht sowohl für die starke Leistung der beiden, illustriert aber auch, wie wenig Unterstützung sie von ihren Mitspielern erhalten haben.
  • Verletzungssorgen: „Wir können über lange Strecken gut mithalten, müssen uns aber auch aufgrund der vielen Verletzungen am Ende geschlagen geben“ – so die Einordnung der Partie auf dem offiziellen Tigers-Instagram-Account. Diesem Erklärungsansatz für die Niederlage kann ich nur bedingt zustimmen, besonders da nur zwei Tigers-Akteure verletzt fehlten: Daniel Keppeler mit seiner Sprungelenksverletzung, die langwieriger zu sein scheint, als zunächst erwartet, und Mateo Šerić, dessen Rückkehr nach seinem Mittelhandbruch zumindest abzusehen zu sein scheint (auf der Tigers-Website heißt es, dass er eventuell am 21.10. gegen Heidelberg schon wieder mitwirken kann). Trotzdem konnte Danny Jansson auf eine Zwölfer-Rotation zurückgreifen, die er auch komplett nutzte – und dabei mit Erol Ersek auch noch einen siebten Import-Spieler auf der Bank sitzen hatte. Das Tigers-Statement lässt es hingegen so aussehen, dass die Niederlage am Ende Ermüdungserscheinungen aufgrund des zu dünnen Kaders geschuldet war – eine Erklärung, die ich so als unzutreffend ansehe.
  • Woher kommt die Offense? Trotzdem hat sich ein Ausfall gegen Braunschweig doch sehr bemerkbar gemacht – wäre Mateo Šerić im Kader gewesen, hätte das offensiv meines Erachtens einen Unterschied für die Tigers machen können. So fehlte der mit Abstand beste Scorer auf den deutschen Positionen, der vor allem gegen Martin Peterka auch im Post-Up hätte attackieren können und so hin und wieder den Weg zum Braunschweiger Korb gefunden hätte. Genau hier lag in meinen Augen nämlich das Problem der Tübinger Offensive: Neben Jhivvan Jackson per Drive und hin und wieder Krišs Helmanis im Post konnte sich kein Tigers-Spieler gute Abschlüsse in der Zone kreieren – ok, Kao kam zu zwei einfachen Dunks und einem Korbleger, bekam diese Abschlüsse aber von seinen Mitspielern aufgelegt und ist offensiv generell unglaublich abhängig, von den Chancen, die seine Teammates für ihn schaffen.
    Von den 33 Tübinger Versuchen aus dem Zweierbereich kamen 15 von Jackson/Helmanis (bei einer starken Trefferquote von 11/15). Der Rest des Teams wirkte auf dem Weg zum Korb entweder zu zögerlich (Grüße an Jimmy Boeheim, der sich hier im Laufe der Partie aber etwas gesteigert hat), oder fand einfach nicht die Wege, erfolgreich zu finishen, oder aber mal ein Foul zu ziehen. Der große statistische Unterschied zwischen der Tübinger und der Braunschweiger Offense bestand am Ende nicht einmal bei den Wurfquoten, sondern den Freiwurfversuchen: hier stand es 7:18 aus Tübinger Sicht. Wenn der Dreier über die Partie nur mit 25 Prozent fällt, gewinnt man so eben kein Spiel. Damit ist für mich die Offensive der Tigers zu Saisonstart das Problemthema Nummer eins – besonders gegen die Top-Teams aus Bonn und Ulm wird es spannend zu sehen, ob die Tigers vielleicht sogar mal unter 60 Punkten bleiben.
  • Tigers-Identität: Nach einer unterwältigenden Anfangsphase kam für mich die Wende im Spiel der Tigers, als in den letzten Minuten des ersten Viertels mit Aatu Kivimäki, Till-Joscha Jönke und Krišs Helmanis drei Aufstiegshelden gemeinsam auf dem Feld standen. Angetrieben nicht zuletzt durch Edelmotivator Jönke stand jetzt ein Lineup auf dem Feld, das so spielte, wie man es von letzter Saison gewohnt war: emotional, defensiv aggressiv, sich gegenseitig unterstützend und anfeuernd. Wenn die Tigers dem Abstieg entgehen wollen, müssen sie es schaffen, dieses Mindset auf die ganze Mannschaft zu übertragen. Anders als mit konstantem Vollgas ist das große Saisonziel Klassenerhalt sonst nicht zu erreichen. Hier kann und wird es sich hoffentlich auszahlen, vor allem auf den deutschen Positionen so sehr auf Kontinuität gesetzt zu haben.
  • 1402 Zuschauer:innen: Schon in der DYN-Übertragung wirkte die Stimung in der Paul Horn-Arena für mich ausbaufähig und machten mir die großen Lücken in den Sitzplatzblöcken Sorgen, doch dass mit nur 1402 Menschen die Halle zum Saisonauftakt (!) in einem KO-Spiel (!) nicht einmal halb ausgelastet war, fand ich doch sehr schockierend, als ich die offiziellen Zuschauer:innen-Statistiken gesehen habe. Es stellt sich mir dabei die Frage, ob die Menschen in Tübingen einfach nicht wussten, dass ein auf dem Papier derart attraktives Tigers-Spiel stattfindet, oder ob sie einfach kein Interesse daran hatten – was davon schlimmer wäre, kann ich gar nicht sagen. An den vorherigen Punkt anschließend glaube ich auf jeden Fall nicht daran, dass mit einem derartigen Support der Klassenerhalt machbar ist. So wie der Kader sich momentan präsentiert, muss er über Emotionen und Einsatz kommen, was in einer leeren Halle natürlich schwierig ist.
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Saisonvorschau

Saisonvorschau, Teil 4: Was passiert mit Bakary Dibba?

Eigentlich wollte ich mich in meinem Saisonvorschau-Artikel zu Bakary Dibba vor allem mit seinem Distanzwurf beschäftigen und die gewagte These aufstellen, dass er nur einen zuverlässigen Dreier davon entfernt ist, in ein paar Jahren der dänische Louis Olinde zu werden. Ansonsten ist alles da: die langen Arme, die giftige Defense, die Chasedownblocks, das Auge für gute Cuts und natürlich der unbedingte Wille, alles zu dunken was geht. Wer es nicht glauben will, soll bitte die Highlights vergleichen.

Doch nun geht es mit Bakary Dibba plötzlich um ganz andere Themen: Nicht nur im Tagblatt werden Andeutungen gemacht, auch auf der Tigers-Website wird Danny Jansson wie folgt zitiert: „Es kann sein, dass wir ihn [Dibba] für die kommende Saison noch ausleihen werden, um ihn dann noch besser in einem Jahr zurückzubekommen. Im Moment trainiert er weiter mit uns. Wir müssen sehen, was die nächsten Tage bringen.” Damit steht fest, dass Publikumsliebling Dibba ganz klar auf dem Markt zu sein scheint, um verliehen zu werden und sich eine diesbezügliche Entscheidung wohl in den nächsten Tagen anbahnt. Diese erste Leihe in der jüngeren Tigers-Geschichte – kann sich jemand überhaupt an eine andere erinnern? – wirft natürlich eine Menge fragen auf, die ich versuchen werde, hier zu beantworten.

1. Wann kommt der deutsche Pass für Erol Ersek?

Wohl nicht so bald. Nachdem zum Zeitpunkt von Erseks Vertragsverlängerung noch Zuversicht bei den Tigers herrschte, ihn in der kommenden Saison als deutschen Spieler zur Verfügung zu haben: „Ersek und sein Berater sind aktuell intensiv daran, dass diese Formalie zeitnah abgeschlossen wird und die Tübinger Nummer elf als deutscher Spieler für die Tigers Tübingen auf Korbjagd gehen kann,“ erreichen uns nun aktuell doch andere Töne aus dem Umfeld der Tigers: „Weiterhin gibt es hingegen keine Neuigkeiten hinsichtlich eines deutschen Passes für den Spieler Erol Ersek. ‚Es ist doch schwerer den deutschen Pass zu bekommen, auch als Österreicher. Wir arbeiten jedoch daran. Die deutsche Bürokratie ist sehr gründlich,‘ betonte Ersek mit einem Grinsen auf den Wangen.“

Für den Fall, dass Dibba bei den Tigers bleiben sollte, würde das bedeuten, dass unsere geliebten Raubkatzen (immerhin ist man in Tübingen noch nicht auf die medium-fetzige Idee gekommen, sich „Jungs vom Neckar“ zu nennen, wie man es inzwischen bei den MLP Academics tut, deren PR-Abteilung ich sonst doch sehr schätze) mit acht Import-Spielern in die Saison gehen würden. Eine derartige Tiefe auf den Import-Spots würde zwar eine starke Absicherung gegen Verletzungen bedeuten, würde aber auch dafür sorgen, dass aus dem Oktett aus Zaccheus Darko-Kelly, Aatu Kivimäki, Jhivvan Jackson, Jimmy Boeheim, Bakary Dibba, Kaodirichi Akobundu-Ehiogu, Krišs Helmanis und Erol Ersek zwei Spieler pro Partie aussetzen müssten. Auch wenn mir Danny Jansson wie ein Coach scheint, der in der Lage ist, Rollenverteilung im Kader gut zu kommunizieren, könnte ich mir doch vorstellen, dass es für atmosphärische Verstimmungen sorgen könnte, wenn regelmäßig Spieler aussetzen müssen, die von den individuellen Anlagen her alle (mehr oder weniger) locker für die Tigers starten könnten. Wenn für Erol Ersek tatsächlich kein deutscher Pass in Aussicht ist, macht es dann wohl tatsächlich Sinn, mit Bakary Dibba den Spieler zu verleihen, der wohl am meisten unter dieser Situation gelitten hätte – und der als langfristiges Tigers-Projekt trotzdem gefördert werden sollte.

2. Wohin wird Bakary Dibba ausgeliehen?

Es ist für Beobachtende von außen klar und wird auch von Danny Jansson so kommuniziert, dass eine Leihe nur Sinn macht, wenn Dibba in der kommenden Saison möglichst viel Einsatzzeit sammeln darf, um sich zu entwicklen. Immer wieder wird im Basketball-Geschäft betont, wie wichtig Spielpraxis für die Entwicklung von Talenten ist und gerade diese scheinen die Tigers Dibba in der aktuellen Kader-Situation nicht bieten zu können. Gleichzeitig ist er der ersten Regionalliga endgültig entwachsen, wie er in den ProA-Playoffs der letzten Saison zeigen konnte, ihn hier einzusetzen wäre wohl für alle Beteiligten frustrierend, sowohl für den dänischen A-Nationalspieler, als auch für seine Opfer auf Regio-Niveau. Es geht für die Tigers also darum, einen Club zu finden, bei dem Dibba auf möglichst hohem Niveau eine möglichst große Rolle spielen darf, um dann in der nächsten Saison (hoffentlich mit einem soliden Dreier) zurückzukehren. Grundvoraussetzung für das ganze Leihgeschäft und Dibbas angepeilte Rückkehr wäre dabei natürlich eine vorzeitige Vertragsverlängerung mit dem jungen Forward, dessen aktueller Kontrakt 2024 ausläuft. Man kann davon ausgehen, dass im Falle eine Leihe die Verlängerung direkt dazu bekanntgegeben wird.

Auf der anderen Seite muss bedacht werden, dass für den Leih-Partner der Tigers ganz andere Bedürfnisse und Prioritäten entstehen als für die Tübinger. Kein anderer Club wird ein intrinsisches Interesse daran haben, Dibba lediglich als Perspektivspieler für einen anderen Club zu entwickeln. Damit die Leihe für seine Zielmannschaft Sinn macht, muss Dibba hier eindeutig Leistung bringen und würde so im Falle einer Leihe vermutlich zum ersten Mal in seiner Karriere so richtig unter Druck stehen, direkt zu liefern. Nach Spekulationen des Schwäbischen Tagblatts könnte ein deutscher ProA-Ligist wohl eine Zieldestination für das Tübinger Juwel werden. Damit würde Dibba direkt wieder in einer Situation landen, in der er als Import-Spieler einen begehrten Kontingentplatz belegt, was Druck und eine gewisse Erwartungshaltung bedeutet. Sollte es tatsächlich die ProA werden, sehe ich Dibba vor diesem Hintergrund eher bei einem der Teams der unteren Tabellenhälfte – bei Topteams wie Gießen, Frankfurt, oder auch den Koblenzer Aufsteigern, die zumindest dem eigenen Anspruch nach um den Aufstieg mitspielen werden, kann Dibba nicht die Rolle und Spielzeit gewährleistet werden, die er und die Tigers sich wünschen würden. Mehr Verantwortung und vor allem weniger starke Konkurrenz auf den Imports-Spots sehe ich bei den etatschwächeren Teams der unteren Tabellenhälfte. Besonders wenn die Tigers, wie bei Leihen wohl nicht unüblich, weiter einen Teil von Dibbas Gehalt übernehmen, könnten Teams wie Düsseldorf, Paderborn, oder Bochum (ohne deren Kader oder genauere Etatsituation zu kennen) in Dibba ein Schnäppchen sehen und dementsprechend zuschlagen.

3. Was sagt die Leihe über die Philosophie der Tigers aus?

Für mich ist die eventuell bevorstehende Leihe Bakary Dibbas vor allem ein Zeichen dafür, dass die Tigers Tübingen ihr Commitment zu der Philosophie, junge (sowie hungrige und leidenschaftliche…) Spieler zu entwickeln und mit ihnen gemeinsam zu wachsen, weiterhin ernstnehmen und auch unter höherem Druck in der BBL nicht verwerfen. Gleichzeitig freut es mich auch zu sehen, dass mit einem solchen Move offenbar langfristiger als nur eine Saison geplant wird, was ich vor allem in den letzten Tübinger Erstliga-Spielzeiten so nicht wahrgenommen habe. Auch sonst scheint es mir unter den BBL-Clubs der unteren Tabellenhälfte so, dass es zwar infrastrukturell durchaus längerfristige Ziele geben mag, der Kader aber von Jahr zu Jahr komplett neu zusammengewürfelt wird und Planung und vor allem Spielerentwicklung über mehr als eine Saison hinweg so gut wie unmöglich ist. Insofern ist ein Leihgeschäft durchaus als positives Zeichen zu sehen und stellt auch ein Alleinstellungsmerkmal im deutschen Basketballgeschäft dar.

Typischerweise sind es in Deutschland Mannschaften wie Alba Berlin, Bayern München oder auch die ach-so-verhassten Ulmer Erzrivalen, die es sich leisten können und wollen, ihre Talente bei schwächeren Teams zu Entwicklungszwecken zu parken. Dass die Tigers sich diesen Luxus trotz ihres mickrigen Etats vermutlich leisten werden, ist natürlich keinesfalls als Kampfansage an diese deutschen Basketball-Schwergewichte zu verstehen. Alleine etatmäßig wird man sich mit den genannten Clubs in den nächsten zehn Jahren (und vermutlich auch darüber hinweg) nicht messen können. Was mich aber doch sehr freuen würde, wäre wenn die Tigers es schaffen, sich mit solchen Entscheidungen und vor allem einer möglichst langen Amtszeit von Danny Jansson einen (internationalen) Ruf als Destination für erfolgreiche Spielerentwicklung zu erarbeiten und so einen Markenkern etablieren, der sowohl für die Spielerrekrutierung, als auch die Fanbindung sehr hilfreich sein kann.

Im Großen und Ganzen scheint mir eine Leihe von Bakary Dibba also eine gute Idee zu sein, wobei es mich aber natürlich sehr schmerzen wird, ihn in der kommenden Saison nicht im Tigers-Dress zu sehen. Besonders mit Dibba an der Seite von Kao hätte ich meine helle Freude gehabt, diese Highlight-Maschinerie wird uns wohl leider entgehen.

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Saisonvorschau

Saisonvorschau, Teil 3 – erste Eindrücke der Neuzugänge

Verglichen mit dem grandiosen Goldmedaillen-Gewinn der deutschen Basketball-Nationalmannschaft muss man sagen, dass der Season-Opener der Tigers-Tübingen inklusive der offiziellen Teamvorstellung am gestrigen Nachmittag doch etwas weniger glamourös und hochklassig daher kam. Trotzdem war es zumindest für mich die erste Möglichkeit, die neu formierte Mannschaft live zu sehen. In einer insgesamt eher durchwachsenen Partie gegen die Bozic Estriche Knights Kirchheim gewannen die Tigers schließlich mit 85:74. Viel spannender als das Ergebnis war es dabei aber für mich, die Neuzugänge der Tigers zum ersten Mal zu Gesicht zu bekommen. Meine Einzelbesprechungen – die, man muss es betonen, wirklich nur auf einem ersten Eindruck und damit einer furchtbar gerinegn Datenmenge beruhen – finden sich im Folgenden.

Kaodirichi Akobundu-Ehiogu:

Hält, was ich mir bisher nach seiner Verpflichtung versprochen habe. Hat direkt im ersten Viertel mit zwei wirklich spektakulären Blocks gezeigt, dass mit ihm als Ringbeschützer von der Helpside jeder Abschluss am Korb vielleicht doch noch einmal überdacht werden sollte. In der ersten Hälfte haben die Tigers das Pick-and-Roll mit ihm in der Dropverteidigung bekämpft, was ein spannender Ansatz ist, da für die meisten attackierenden Spieler die Zone damit erstmal eine No-Go-Area wird. Gleichzeitig hat Kao besonders in der ersten Hälfte defensiv aber auch große Anfälligkeiten gegen das gegnerische Post-Up gezeigt, wo seine Gewichtsnachteile nicht nur von Nick Muszynski (den ich kommende Saison als einen der stärkeren ProA-Center sehe), sondern auch Antonio Dorn immer wieder ausgespielt werden konnten. In der zweiten Hälfte sah Kao diesbezüglich schon etwas besser aus, konnte eher dagegenhalten und wurde dann gegen das Pick-and-Roll auch im Switch eingesetzt, was zumindest in meinen Augen auch eine durchaus gangbare Option ist. So gut wie niemand wird – wie Kirchheims Michael Flowers schmerzhaft erfahren musste – aus dem Dribbling über Kao werfen können wird, ohne zumindest sehr gestört, wenn nicht sogar rüde abgeräumt zu werden. Am Ende der Partie standen für Kao laut Tigers-Website und Tagblatt drei Blocks zu Buche, wobei ich in der Halle mindestens zwei mehr gesehen habe. So oder so ist klar, dass Kao defensiv ein absoluter Gamechanger sein kann, um den herum gegnerische Teams ihre Offense planen müssen.

Im Angriff hingegen hat sich gezeigt, dass Kao noch unfassbar roh ist und es eine Weile brauchen wird, bis er hier einen annähernd so großen Impact auf das Spiel haben wird, wie in der Defensive. Seine meisten Ballkontakte hatte Kao auf dem Flügel, wo er nur als Pass-Station genutzt wurde, oder ins Hand-Off mit seinen Guards gegangen ist. Seine 4 Punkte entstanden durch Fouls an ihm nach Durchsteckern oder Offense-Rebounds (Freiwurfquote 2/4, wobei der Wurf aber technisch wirklich ok aussieht) und im vierten Viertel dann endlich per Dunk nach Alley-Oop-Zuspiel von Jhivvan Jackson. Besonders im Abrollen sehe ich noch viel Luft nach oben für die gesamte Tigers-Offense, ihren besten Athleten konsequenter zu suchen und hoch anzuspielen, die absolute Lufthoheit wird er vermutlich in jeder Partie haben. Ansonsten ist zum jetzigen Zeitpunkt offensiv neben Putbacks, verwerteten Durchsteckern und Alleys nicht viel von Kao zu erwarten. Sein einer Post-Up gegen Antonio Dorn endete nach einer wirren Fußarbeitseinlage mit einem Hakenwurf, der traurig gegen das Brett klatschte. Danach wurde Kao in dieser Situation von seinen Mitspielern (wohl zurecht) auch nicht mehr gesucht.

Jhivvan Jackson:

War von Beginn an sichtlich bemüht, seine Rolle als Point Guard auszufüllen und verstand es vor allem in der ersten Hälfte als seine Hauptaufgabe, den Ball an seine Mitspieler zu bringen. Das Zeug dazu hat er durchaus, das Ballhandling sieht gut aus, die Pässe fanden ihren Empfänger, Systeme wurden angesagt und geduldig gelaufen und der Ball auch im Break schnell nach vorne gebracht. Was in seiner Point Guard-Rolle, zumindest in meinen Augen, aber absolut zu kurz kam, war Jacksons eigenes Scoring. Immer wieder habe ich mich während des Spiels ertappt, wie ich mir gewünscht hätte, dass er – besonders nach einem Switch – sich seinen Verteidiger einfach im 1-gegen-1 vorknöpft und scort. Dass Jackson das kann wurde nicht nur bei seinen bisherigen Karrierestationen offensichtlich, sondern auch in der zweiten Halbzeit, als er immer wieder neben Aatu Kivimäki eingesetzt wurde, der dann die Rolle des Point Guards übernommen hat und Jackson so die Möglichkeit gab, offensiv befreit aufzuspielen und zu scoren.

So wurde der Puerto Rican Iverson dank eines selbstbewussteren Schlussviertels am Ende doch Tigers-Topscorer mit 17 Punkten, was umso beeindruckender ist, da ich das Gefühl hatte, dass er ungefähr zwei Drittel des Spiels offensiv mit angezogener Handbremse gespielt hat und seinen eigenen Abschluss eher gemieden hat. Zumindest offensiv würde ich mir daher wünschen, dass Jackson so oft wie möglich neben Kivimäki auflaufen darf, damit er nicht seiner größten Stärke, seines Shotmakings, beraubt den Ballvortrag übernehmen und Systeme einleiten muss, sondern den Tigers als Scorer wichtige Impulse geben kann. Besonders da durch einen aggressiven Jhivvan Jackson, der im 1-gegen-1 nur äußerst schwer zu stoppen ist, sich unweigerlich auch mehr Freiräume für seine Mitspieler eröffnen werden, bin ich der Meinung, dass es keinesfalls egoistisch von Jackson wäre, mehr seinen eigenen Wurf zu forcieren. Besonders wenn sich die Tigers Tübingen wie gestern offensiv eher zögerlich präsentieren, wäre es in meinen Augen sehr sinnvoll, Jackson in solchen Situationen offensives Momentum und Platz für seine Teammates generieren zu lassen. Fraglich wäre nur, wie defensiv anfällig eine dauerhafte Combo von Kivimäki und Jackson auf den Guard-Positionen wäre, da man so doch sehr viel Größe abgeben würde, die man nur begrenzt mit Aggressivität kompensieren kann.

Jimmy Boeheim:

Von allen Neuzugängen (und vermutlich auch allen Tigers-Spielern, die gestern insgesamt eingesetzt wurden), hatte Jimmy Boeheim wohl den schwierigsten Abend. Als Starter auf der Power Forward-Position (wo er dann von Christoph Philipps vertreten wurde, die Tigers werden wohl wirklich sehr klein spielen in der kommenden Saison) wollte ihm von Spielbeginn an nichts so wirklich beginnen. Anders als seine Vorgänger auf dem Spot des Combo-Forwards, Ryan Mikesell und Zac Seljaas, ist Boeheim offensichtlich ein Spieler, der weniger mit dem Ball in den Händen für sich und andere kreiert, sondern der vor allem aus der Bewegung ohne Ball und dann dem Catch-and-Shoot, beziehungsweise dem Catch-and-Drive seine Offensive aufzieht. An seiner Bewegung ohne Ball und seiner Entscheidungsfindung gibt es generell auch nichts auszusetzen, Boeheim scheint ein smarter Spieler zu sein, der wirklich keinen groben Unfug anstellt, aber leider wollte einfach kein Wurf für ihn fallen. Bedauerlicherweise habe ich keine genaueren Statistiken zur Verfügung – falls irgendwelche Tigers-Verantwortlichen hier mitlesen: hätte es irgendjemand geschadet, den Boxscore zu veröffentlichen, der ja offensichtlich für die beiden Teams geführt wurde? – aber ich denke, dass Boeheim am Ende mindestens mit einer Wurfquote von 0/7 aus dem Spiel ging. Dabei tat es mir aufrichtig Leid zu sehen, wie er nach jedem Fehlwurf und nach jeder Auswechslung, mehr mit sich gehadert hat, frustriert in die Hände geklatscht hat – gefühlt auch um seinem Team zu zeigen, dass keiner heute so enttäuscht von ihm ist wie er selbst.

Und dieser Knoten wollte das ganze Spiel über einfach nicht platzen. Im Schlussiertel hatte ich bei Boeheims letzten Minuten auf dem Feld auch schon den Eindruck, dass er gar nicht mehr aktiv nach seinem eigenen Abschluss suchte, sondern den Ball lieber an der Dreierlinie entlang weitergepasst hat, sicher in der Offense beinahe versteckte. Nun war dieses Testspiel gegen die Bozic Estriche Knights Kirchheim natürlich nur eine kleine Momentaufnahme mit beschränktem Aussagewert, was die kommende Saison betrifft, aber ich hoffe doch sehr, dass Boeheim sich schnell im Team wohlfühlt und das Selbstvertrauen findet, in der Offensive dauerhaft einen wichtigen Beitrag zu leisten. Das Vertrauen von Coach Jansson, der Boeheim sowohl in der ersten, als auch der zweiten Halbzeit starten ließ und ihm trotz seines schwachen Offensivtages gefühlt mindestens 20-25 Minuten (nochmal: warum kann man nicht einfach den Boxscore abfotografieren und irgendwo hochladen?) an Spielzeit zugestand, genießt der neue Tigers-Forward zumindest schon einmal. Hoffen wir, dass er es möglichst bald zurückzahlen kann.

Zaccheus Darko-Kelly:

ZDK, der nur wegen der späten Verpflichtung Kaos nicht den unhandlichsten Namen im Tigers-Kader hat, war der Spieler, der mit seiner Performance und seiner Rolle meine Erwartungen am genausten erfüllt hat und ziemlich genau das das gelieferte, was ich von ihm erwartet hatte: einen sehr guten Motor in der Defensive, Tempo in der Bewegung nach vorne, sowie gute Entscheidungen und Treffsicherheit in der Offensive, wo er auch gut um Blöcke abseits des Balls kommt und aus diesen Situationen als Shooter oder mit dem Drive gefährlich werden kann. Darko-Kelly wirkt auf mich sehr zuverlässig in ziemlich allem, was er macht und scheint mir zurecht ein integraler Bestandteil von Danny Janssons Kaderplanung. ZDK startete nicht nur die erste und zweite Halbzeit, sondern war auch Bestandteil des Lineups, das mir mit Abstand am besten gefallen hat und das Spiel im dritten Viertel entschieden hat. Hier stand ZDK gemeinsam mit Till-Joscha Jönke, Aatu Kivimäki, Christoph Philipps und Krišs Helmanis auf dem Feld und man hatte zum ersten Mal den Eindruck, dass eine Gruppe auf dem Parkett ist, die die Tigers-DNA von letzter Saison verkörpert. Auf einmal hat die Mannschaft eine unglaublich bissige Defense gespielt und konnte daraus die Knights auch immer wieder im Fastbreak bestrafen. Wenn die Tigers die Klasse halten wollen, müssen sie mit genau dieser Spielphilosophie dauerhaft antreten und dafür passt Darko-Kelly scheinbar sehr gut in den Kader.

Christoph Philipps:

Die letzte Verpflichtung der Tigers war vielleicht der interessanteste Spieler, den es gestern zu beobachten gab und hat mich direkt in zweierlei Hinsicht überrascht. Zum einen hatte ich nicht damit gerechnet, dass Philipps bei uns als Vierer auflaufen würde. Anhand seiner bisherigen Stationen in Ulm und Hamburg hatte ich Philipps auf der Zwei und Drei verortet, wo er mit seiner durchaus vorhandenen Länge defensiv glänzen konnte, aber eben so gut wie nie in Korbnähe eingesetzt wurde. Sicherlich auch der Verletzung von Mateo Šerić geschuldet war Philipps gegen die Knights für einen Großteil seiner Spielzeit auf der Position des Power Forward im Einsatz, was zumindest gegen die körperlich natürlich nicht ganz auf BBL-Niveau agierenden Kirchheimer defensiv auch gut geklappt hat. Offensiv macht die Unterscheidung zwischen Small und Power Forward meinem Eindruck nach ohnehin keinen großen Unterschied im System von Danny Jansson. Sowohl Philipps als auch Boeheim haben so gut wie gar nicht aus dem Post agiert, sondern ihre Offensivaktionen meist von der Dreierlinie aus gestartet.

Das Stichwort Offensivaktionen leitet zur zweiten Überraschung über, die Chrissi Philipps mir gegen Kirchheim bereitet hat: Besonders nach seiner letzten Saison in Hamburg hatte ich mit ihm als einem reinen Defensivspezialisten gerechnet, der in der Offense mal den Dreier aus der Ecke nimmt, aber sonst eher wenig in Erscheinung tritt. Dem war gestern nicht so, im Gegensatz zu seinem Positionskollegen Boeheim spielte Philipps mit einem Selbstbewusstsein, das mich persönlich doch überrascht hat – emblematisch dafür eine Szene aus dem ersten Viertel, in der Philipps (wie so viele seiner Teamkollegen in dieser Spielphase) zwei Freiwürfe verfehlte, nach dem Offensivrebound seiner Mannschaft aber direkt und komplett selbstverständlich seinem Gegenspieler einen Dreier in Gesicht drückte und traf. Hier scheint es, zumindest für mich als absoluten Laienpsychologen, doch zu helfen, dass Philipps mit Jansson für einen Coach spielt, den er schon aus seiner Zeit im Ulmer Jugendprogramm kennt und der ihm volles Vertrauen zu schenken scheint. Besonders im Fastbreak trat Philipps immer wieder aggressiv auf und attackierte den Korb nicht immer ganz souverän, aber entschieden. So standen nach Abpfiff 13 Punkte für Chrissi Philipps auf der Anzeigetafel der Paul Horn-Arena – man darf gespannt sein, ob er diese Produktion über die Saison aufrecht erhalten kann, aber die Rahmenbedingungen dafür scheinen unter Danny Jansson zumindest zu passen.

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Saisonvorschau, Teil 2 – Jhivvan Jackson

Nachdem sich herausgestellt hat, dass es unglaublich unübersichtlich wäre, all die Fragen, die mich vor der Saison beschäftigen, in einen einzelnen Vorschau-Artikel zu packen, habe ich mich entschieden, in den kommenden Wochen, meine Preview-Fragen einzeln hier hochzuladen. Nach Kao ist diesmal Jhivvan Jackson, der neue Aufbauspieler der Tigers Tübingen dran, wobei mich besonders folgende Frage bewegt:

Wird Jhivvan Jackson in einem Spiel 40 Punkte oder mehr erzielen?

Mit Jhivvan Jackson haben die Tigers diese Saison einen Spielertyp im Kader, den Danny Jansson in den letzten Saisons so nicht zur Verfügung hatte – einen puren Scorer auf den Guard-Positionen, der auch über die Dauer eines ganzen Spiels heißlaufen kann. In jeder seiner bisherigen Karrierestationen hat Jackson – der mit ‚the Puerto Rican Iverson‘ wohl auch den coolsten Spitznamen der diesjährigen Mannschaft besitzt – bewiesen, dass er Spiele an sich reißen und offensiv im Alleingang entscheiden kann. Es braucht keine zwei Minuten Youtube-Recherche, um Highlights aus 40+-Punkte-Spielen aus seiner Highschool-Zeit, seiner College-Karriere, und seinem ersten Profi-Jahr in Belgien zu finden. Auch in seinem ersten Tigers-Testspiel gegen Crailsheim konnte Jackson mit 24 Punkten bei nur einem Fehlwurf aus dem Feld eindrucksvoll seine Scoring-Fähigkeiten unter Beweis stellen.

Nun ist die BBL aber nochmal ein anderes Niveau als die BNXT-Liga und 40-Punkte-Spiele in Deutschlands Basketball-Oberhaus sind doch recht rar gesät – das letzte gelang dem damaligen Saison-MVP Parker Jackson-Cartwright in der Spielzeit 2021/22. 40 oder gar mehr Punkte in einem BBL-Spiel aufzulegen wäre also ein absolutes Statement. Ob Jackson im Tigers-Dress 40-Punkte erzielen wird, ist in meinen Augen dabei aber weniger eine Frage nach seinem individuellen Können, sondern eher nach der Rolle, die er im Team von Danny Jansson einnehmen wird. Wie grün wird das Licht für den eigenen Abschluss sein, das er von Coach Jansson bekommt? We sehr muss er als Point Guard für andere kreieren, wie sehr darf er seinen eigenen Wurf suchen? In der vergangenen Spielzeit hatte Jackson für Charlerloi mit 13 Feldwurfversuchen pro Spiel fast mehr als doppelt so viele Abschlüsse zur Verfügung als der in dieser Kategorie Zweitplatzierte Rafael Lisboa – einen derartigen Fokus auf einen einzelnen Spieler haben wir unter Danny Jansson noch nicht gesehen, zumal bei Jackson in der letzten Spielzeit mit seinen 2,3 Assists pro Spiel ganz klar zu sehen war, dass der eigene Abschluss im Angriff Priorität Nummer eins, zwei und drei war. Ich gehe davon aus, dass wir den ‚Puerto Rican Iverson‘ in der kommenden Saison in einer zahmeren Rolle sehen werden, in der er als Point Guard mehr als Teil eines Offensiv-Ensembles funktionieren muss und nicht wie bisher in seiner Karriere vor allem nach dem eigenen Abschluss schauen darf. Dass ihm das auch klar so kommuniziert wurde, wird im RTF-Saisonauftakt-Interview deutlich, wo Jackson selbst sagt, dass von ihm dieses Jahr eher erwartet wird, als Point Guard anstatt wie bisher in seiner Karriere als Shooting Guard zu agieren.

Es wird spannend zu sehen, wie schnell und wie gut sich Jackson an diese Rolle anpassen kann und ob es eine gute Idee ist, einen Spieler, der in seiner Karriere bisher vor allem als überragender Scorer aufgetreten ist, ein Stück weit dieser Stärke zu berauben und in eine neue Rolle zu stecken, in der der eigene Abschluss eine deutlich niedrigere Priorität hat. In der sehr begrenzten Stichprobe der Testspiele, bei denen die Tigers (wie so viele BBL-Clubs) nicht gerade mit Statistiken oder ausführlichen Berichten um sich werfen, war auf jeden Fall zu sehen, dass Jacksons Punkte-Produktion nach dem Debut-Krachermit 24 Punkten gegen Crailsheim in den folgenden Spielen gegen Trier und Karlsruhe mit neun beziehungsweise fünf Punkten deutlich nach unten ging – wobei wir hier natürlich nicht erfahren, wie viele Würfe sich der neue Tigers-Spielmacher dafür genehmigt hat und was er sonst zu den beiden Siegen beigetragen hat.

Jacksons Rolle im Team bleibt für mich eine der großen Fragen dieser Pre-Season und ich bin sehr gespannt, beim Season-Opener gegen die Bozic Estriche Knights Kirchheim (ein Name, der geradezu auf der Zunge zergeht, dann doch lieber keinen Namenssponsor…) erste eigene Eindrücke sammeln zu können. Und was die kommende Saison betrifft kann ich mir zum jetzigen Zeitpunkt gut vorstellen, dass hin und wieder doch Spiele kommen werden, in denen Jackson eine heiße Hand hat und von der Trainerbank das Kommando erhält, einfach zu scoren. Auf eine Weise fände ich es auch traurig, einen so begnadeten Scorer seiner einen großen Stärke zu berauben und in ein enges System-Korsett zu schnüren, daher freue ich mich jetzt schon auf die Partien, in denen Jackson einfach draufhalten darf und hoffe es werden derer nicht zu wenige. Das Ergebnis dürfte auf jeden Fall spektakulär sein – und dann wäre ich auch nicht zu überrascht, wenn am Ende 40 Punkte oder mehr für Jhivvan Jackson auf der Anzeigetafel prangen.

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Saisonvorschau

Saisonvorschau, Teil 1 – Kao

Eigentlich war es mein Plan, in die Saisonvorschau mit einem weiter angelegten Beitrag einzusteigen, der diverse tiefgreifende Fragen an die kommende Tigers-Saison stellt und zu beantworten versucht (wird Jhivvan Jackson einschlagen wie gehofft, beehrt uns Collegelegende Jim Boeheim in der Paul Horn-Arena, wird Boggy mit einem Tribute Video begrüßt, welche Schuhe wird Prof. Dr. Bamberg beim letzten Saisonspiel tragen…). In der Vorbereitung auf diesen Artikel habe ich aber gemerkt, dass meine Gedanken immer wieder zu dem Spieler zurückgekehrt sind, den ich als die spannendste Tigers-Neuverpflichtung seit Daequan Cook (Preseason ist immer eine Zeit der Superlative!) bezeichnen würde: Kaodirichi ‚Kao‘ Akobundu-Ehiogu. Noch nie hatte ein Tigers-Spieler solche körperlichen Anlagen, die sogar in der BBL einzigartig sein sollten. Gleichzeitig stellt sich aber die ernsthafte Frage, ob Kao bereit ist, seine grandiosen Voraussetzungen in der BBL auch nur halbwegs sinnvoll einzusetzen. Es folgt nun also der Versuch, den faszinierenden neuen Tigers-Big Man besser zu verstehen und einzuordnen, was man in der kommenden Spielzeit als Fan von ihm erwarten kann.

Kao, das Supertalent

Auf die Frage, warum die Tigers Kaodirichi Akobundu-Ehiogu verpflichtet haben finden sich schnell viele Antworten: mit ihm bekommen die Tigers einen jungen Big Man, der aus dem Stand höher springt als der größte Teil der BBL-Spieler aus dem Lauf, der sich für seine 2,08m Körpergröße unglaublich flüssig bewegt und der jetzt schon einen hervorragenden Instinkt dafür besitzt, Würfe zu blocken (siehe zum Beispiel hier). Auf der Gegenseite ist Kao ein Spieler, der in keiner seiner Collegesaisons mehr als 4,7 Punkte pro Spiel aufgelegt hat (hier seine Collegestatistiken), dem Augenschein nach offensiv nur in absoluter Korbnähe zu überzeugen weiß und an anderen Stellen des Spielfelds den Ball wohl besser nicht in den Händen halten sollte. Ein weiteres großes Fragezeichen steht für mich hinter seiner physischen Robustheit. Auf der Seite der BBL wird Kao offiziell mit 86 Kilo Körpergewicht gelistet – zwei Kilo weniger als der 15 cm kleinere Erol Ersek. Hier tut sich also auch die Frage auf, wie Kao gegen die physischen Big Men ankommt, die sich in der BBL auch in der unteren Tabellenhälfte tummeln (Grüße an dieser Stelle an Jilson Bango, Nicolas Carvacho und Bryan Grifffin, um nur ein paar Schwergewichte der vergangenen Spielzeit zu erwähnen).

Die Frage, wie und ob Kao seine unbestreitbaren Qualitäten (lies: massive Rim Protection, vertikales Spacing als Lob-Abnehmer, Offensivrebouding) in der BBL gewinnbringen einsetzen kann, ist zu diesem Zeitpunkt wohl von niemanden seriös zu beantworten und auch im Tigers-Coaching Staff wird man sich keine Illusionen darüber machen, dass Kao eine absolute Wundertüte ist. So wurde auch in der PM zu Kaos Verpflichtung angekündigt, dass er Zeit brauchen wird, um sich an die Bundesliga zu gewöhnen – die Frage ist, wie viel Entwicklungszeit die Tübinger, die von Anfang an gegen den Abstieg kämpfen werden, ihrem neuen Big Man zugestehen können. Besonders wenn Erol Ersek, wie es sich momentan abzeichnet, zu Beginn der Saison noch keinen deutschen Pass erhalten haben sollte, wird es spannend, wer von den sieben Import-Spielern der Tigers aussetzen wird. Wenn Kao in der Vorbereitung – an der er bis jetzt aus Visumsgründen wohl auch noch nicht teilgenommen hat – nicht direkt überzeugen kann, ist es für mich nicht unvorstellbar, dass er den Saisonbeginn erst einmal von der Seitenlinie verfolgen muss.

Gleichzeitig ist es aber wieder einmal Danny Jansson, der mich auch in diesem Kontext optimistisch stimmt. Über die letzten Jahre hat der Tigers-Coach immer wieder bewiesen, wie gut er mit jungen Spielern umgehen kann, und wie willens er ist, ihnen auch früh schon Verantwortung zu übertragen. Wenn Danny und Kao tatsächlich Lust auf die gemeinsame Zusammenarbeit haben, sich Coach Jansson Kao mit all seinen Fragezeichen bewusst in den Kader geholt hat und die Verpflichtung nicht für eine der beiden Seiten eine Art Notlösung war, soll das für mich reichen, um dem Projekt optimistisch entgegenzusehen. Und – Achtung mittel-hotter Take – zumindest ein Nummer 1-Play in den BBL-Top 10 der Woche sollte für Kao diese Saison auf jeden Fall herausspringen.

Kao, das Social Media-Phänomen

Man würde der Verpflichtung Kaos nicht gerecht, besonders in Zeiten von Social Media und dem immerwährenden Kampf um digitale Aufmerksamkeit, wenn man ausblenden würde, dass die Tigers in ihm nicht nur einen hochinteressanten Spieler verpflichtet haben, sondern auch eine veritable Online-Marke. Viel mehr durch seine Dunking-Videos, als durch in-Game-Highlights, hat der 23-Jährige eine deutlich größere Online-Präsenz erreicht, als die Tigers mit all ihren ehrlichen Social Media-Bemühungen. Mit knapp 50.000 Followern auf Instagram steht Kao in dieser Hinsicht nur knapp hinter den deutschen Euroleague-Teilnehmern ALBA BERLIN, die bei ca. 54.000 Followern stehen – und weit vor den Tigers, die mit 10.700 Followern nicht mal ein Viertel der Menschen erreichen, die ihr neuer Big Man zu seinen Abonnent:innen zählen kann. Noch beeindruckender ist Kaos Reichweite auf TikTok, wo das das handliche Hashtag #kaodirichiakobunduehiogu 6,4 Millionen mal geklickt wurde. Auch vor Youtube machte der Kao-Hype nicht halt, hier hat das populärste Video, in dem der Tigers-Neuzugang vor allem seine Dunking-Fähigkeiten präsentiert ganze 1,1 Millionen Aufrufe und ist dabei auch noch relativ sehenswert – wobei auch hier spannend ist, dass Kao nicht in Spielsituationen zu sehen ist, sondern vor allem in 1-gegen-0-Situationen gut aussehen darf; wobei sein Sprungwurf aber mechanisch überraschend sauber aussieht – mal schauen, wie viel wir davon sehen dürfen.

Es wird zumindest für mich unglaublich interessant zu sehen, wie die Tigers mit diesem Hype umgehen, der ihren Neuzugang umgibt, und der für eine durchaus spannende Dynamik zwischen Arbeitgeber und -nehmer sorgen kann. Natürlich bieten die Tigers Kao eine Bühne, sich im europäischen Profibasketball zu zeigen und auszuprobieren, gleichzeitig besteht für die Tigers aber auch eine Chance, Kaos bestehende Plattform und Highlight-Potential zu nutzen, um sich als Club selbst ins Rampenlicht zu rücken. Momentan ist in Kaos Instagram-Bio noch nichts von den Tigers zu lesen und auch in seinem Feed taucht seine neue Mannschaft noch gar nicht auf. Als Tigers-Social-Media-Verantwortlicher wäre es mir ein großes Anliegen, das so schnell wie möglich zu ändern. Und auch was den Tigers-eigenen Social Media-Auftritt betrifft, bieten besonders Trainings- und Warmup-Videos von Kao großes Potential für nach unten fallende Kinnladen und könnten zumindest in der deutschen Basketball-Bubble ein gewisses Maß an Viralität erreichen – auch wenn man solche Videos vermutlich dosiert einsetzen müsste, um das ganze Team nicht in den spektakulären Schatten Kaos fallen zu lassen. Ich hoffe inständig, dass die Social Media-Abteilung der Tigers einen guten Umgang mit Kao findet und dass die durch ihn generierbare Aufmerksamkeit eventuell sogar der Suche nach einem neuen Namenssponsor zuträglich sein könnte.

Kao, der Tigers-Spieler

So viele Fragezeichen Kao vor der Saison noch aufwirft, mit der Verpflichtung des Riesen-Talents ist sich Danny Jansson in einem Punkt treu geblieben: seit er die Tigers-Kader selber zusammenstellen darf, ist für ihn noch kein klassischer Brettcenter aufgelaufen, der vor allem durch Physis, Masse und Durchschlagkraft unter dem Korb überzeugt – und mit Kao bleibt es auch dabei. Bei den Tigers sind die Zeiten von Schränken wie Robertas Grabauskas, Gary McGhee, oder meinem unvergessenen Favoriten Javon McCrea vorbei, und werden auch mit dem Aufstieg in die Bundesliga nicht zurückkehren. Persönlich hätte ich mir durchaus vorstellen können, dass Jansson mit dem Aufstieg in die Bundesliga von dieser Linie abweichen würde, um gegen die physischeren Frontcourts der Liga mitzuhalten, doch die Strategie dieser Saison sieht wohl explizit kein physisches Wettrüsten mit den BBL-Rivalen vor, sondern – und dafür ist Kao das letzte Indiz – einen ‚Leichtbau‘-Frontcourt, der seine Gewichts- und Stärkenachteile durch Agilität und Athletik wettmachen muss.

Ein Blick auf die Tigers-Spielerliste auf der BBL-Website illustriert diesen kaderplanerischen Ansatz: der schwerste Tigers-Spieler dieser Saison ist Krišs Helmanis mit 100kg, auf den Daniel Keppeler mit immerhin 99kg und Combo-Forward Jimmy Boeheim mit 98 kg folgen. Danach fällt die Gewichtsaufteilung des Kaders rapide ab, wobei auffällig ist, dass mit Kaodirichi Akobundu-Ehiogu und Bakary Dibba zwei für ihre Größe außergewöhnliche leichte Spieler (86 und 82 kg) aller Voraussicht nach wichtige Minuten im Frontcourt gehen werden. Auch wenn offizielle Gewichtsangaben von Profi-Basketballern immer mit einer gehörigen Portion Vorsicht zu genießen sind, ist doch ein klarer Trend zu erkennen: Besonders im Halbfeld werden die Tigers Probleme haben, sich defensiv im 1-gegen-1 gegen physische Center im Post-Up und eventuell auch beim Rebounding (wobei hier besonders Kao und Dibba aber auch ihre überdurchschnittliche Sprungkraft zu Gute kommen sollte) zu behaupten. Im Gegenzug sehe ich den Frontcourt der Tigers allerdings als einen der mobilsten der Liga, bei Krišs Helmanis und eventuell Mateo Šerić würde ich kleine Abstriche machen, aber ansonsten stehen mit Keppeler, Kao, Dibba und auch Jimmy Boeheim hier Akteure bereit, die ohne Probleme das Pick and Roll hedgen oder sogar switchen können sollten.

Ohne mich zu weit aus der Kristallkugel lehnen zu wollen rechne ich also, besonders nach der Verpflichtung von Kao und nun auch noch der von Christoph Philipps, mit einer Tigers-Mannschaft, die in der Defensive fast noch mehr als die letzten Saison über Druck und Intensität kommen muss – d.h. aggressive Verteidigung des Pick and Roll, schnelles und hartes Doppeln im Post, konsequentes Umschaltspiel nach Rebounds und Ballgewinnen. Mit dem aktuellen Spielermaterial und vor allem der Tiefe der Rotation, die für einen Aufsteiger wirklich eindrucksvoll ist, kann ich mir vorstellen, dass es den Tigers gelingen kann, mit diesem Ansatz sowohl zu Beginn der Saison unvorbereitete Teams zu überrumpeln, als auch eventuell den einen oder anderen Achtungserfolg gegen ausgelaugte Teams aus dem internationalen Wettbewerb zu erzielen. Und wenn ich mir abschließend eines wünschen dürfte, möchte ich sehr darum bitten, dass Danny Jansson auch in der BBL wieder die 1-3-1-Zone auspackt, die in der Pro A schon teils für arge Probleme und Druck bei unvorbereiteten Gegnern sorgen konnte, und die diese Saison mit Dibba als Speerspitze an der Dreierlinie und Kao dahinter als Abfangjäger besonders schmackhaft erscheint.

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Comeback

Als ich im Frühjahr 2021 meinen letzten Blogeintrag verfasst habe, bevor der Blog dann aus Studiums-/ Berufsgründen leider tief und fest eingeschlafen ist, hätte ich nicht zu träumen gewagt, dass ich zwei Jahre später auf einmal wieder Fan eines BBL-Vereins sein würde. Mit Danny Jansson als Coach war zwar ein kleines Optimismus-Senfkorn gesät, doch dass die Tigers in den kommenden beiden Saisons jeweils als absolutes Spitzenteam der ProA auftreten würden, zwei Finaleinzüge in Folge klarmachen sollten und schließlich sogar die finanziellen Mittel für den Bundesliga-Aufstieg zusammenbekommen könnten, war für mich als leidgeprüften Tigers-Fan schlicht unvorstellbar.

Umso euphorischer bin ich jetzt, dass die Tigers in der nächsten Saison wieder in der BBL antreten werden. Alba Berlin statt Gartenzaun24 Baskets Paderborn, bald der SAP Garden München anstatt der Rundsporthalle Bochum, ein nagelneuer Springer-unterstützer Streaming-Anbieter an Stelle des ikonischen sportdeutschland.tv und mit ratiopharm Ulm anstatt den Kirchheim Knights auch wieder ein richtiges Derby. Es wird eine komplett neue Liga und Welt, in der die Tigers sich nach fünf Jahren Abstinenz nun zurechtfinden müssen – eine Liga, in der sie vermutlich mit Abstand die geringsten finanzielle Mittel zur Verfügung haben werden und in der es erstmal nur um den Klassenerhalt gehen kann.

Mit dem Motivationsschub durch den Aufstieg, der Aussicht auf deutlich mehr Niederlagen und damit auch höheres Masochismus-Potential als zuletzt und der Zeit, die ich momentan zur Verfügung habe, ist es für mich eine sehr einfache Entscheidung, parallel zu den Tigers in die Bundesliga selbst wieder zum Bloggen zurückzukehren und den Kampf um den Klassenerhalt hier zu begleiten. Dabei werden Spielberichte wie gehabt den Kern der Berichterstattung darstellen, wobei ich grundsätzlich aber auch durchaus offen dafür bin, andere Formate zu erkunden – lasst Euch überraschen. Besonders die Off- und Preseason bietet sich natürlich dafür an, ein paar andere Sachen auszuprobieren. Ab Mitte/Ende August geht es hier dann irgendwann mit Content weiter, ich hoffe bis dahin hat sich mindestens noch ein körperlich robuster Center (was macht eigentlich Javon McCrea gerade?) für die Tigers gefunden, ein neuer Namenssponsor wäre vermutlich zu viel verlangt…

Schönen Sommer, bis bald

Niklas

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Tigers – Leverkusen

Zusammenfassung

  1. Viertel: Angeführt von Roland Nyama, der das erste Viertel mit elf Punkten wieder einmal offensiv dominiert starten die Tigers überzeugend in ihr letztes Saisonspiel. Nach fünf Minuten teils sehr ansehnlichen Offensivspiels führen die Gastgeber mit 14:7. Die zweite Hälfte des Viertel gehört hingegen den Leverkusenern, die von der jetzt schwächeren Defensive der Tigers profitieren, aufholen können und sich zum Viertelende dank eines unnötigen Tigers-Ballverlusts kombiniert mit einem noch vermeidbareren Foul der Tigers beim Dreier zur Viertelsirene sogar eine glückliche 26:27-Führung erspielen.
  2. Viertel: Im zweiten Spielabschnitt beginnen die Tigers defensiv weiter schwach, fangen sich einen 2:6-Lauf und sind in der 13. Minute beim Stand von 28:33 zur Auszeit gezwungen. In der Folge können sich die Tübinger defensiv etwas stabilisieren und die Bayer Giants effektiver am Punkten hindern, müssen aber für jeden eigenen Punkt hart arbeiten. Zur Viertelmitte können sich die Tigers so auf 33:37 herankämpfen, vor allem aufgrund der überragenden Leverkusener Dreierquote ist an einen Führungswechsel aber nicht zu denken. Erst Jekabs Beck, der in der 18. Minute im Alleingang einen schnellen 5:0-Run hinlegt und so auf 40:43 verkürzt kann das Momentum auf die Tübinger Seite bringen und die Bayer Giants zur Auszeit zwingen. Diese zeigt jedoch wenig Wirkung und die Tigers gehen abermals mit einem Rückstand von nur einem Punkt (42:43) in die nächste Pause.
  3. Viertel: In einer weiterhin sehr engen Partie können die Tübinger in der 23. Minute durch Timo Lanmüller den Ausgleich erzielen und mit einem absoluten Statement-Dunk von Elias Valtonen eine Minute später sogar in Führung gehen (49:47). Davon lassen sich die Gäste alleridngs nicht einschüchtern und es geht in Folge munter hin und her zwischen den beiden Teams, die ihre jeweiligen Runs immer wieder kontern können. Zum Abschluss der Periode können die Gäste einen kleinen Vorsprung von 61:65 erspielen, der aber wenig aussagekräftig erscheint.
  4. Viertel: Wie im letzten Spiel gegen Bremerhaven lässt Danny Jansson seine Mannschaft im Schlussviertel eine 1-3-1-Zone spielen, die im Gegensatz zur letzten Woche allerdings nur wenig Erfolg zeigt. Die Bayer Giants können die Zonenverteidigung der Tübinger souverän von der Dreierlinie bestrafen und liegen nach einem 9:0-Zwischenspurt in der 34. Minute auf einmal mit 68:78 in Front. Nun ist eine Reaktion der Tigers gefragt, die die Mannschaft tatsächlich liefern kann. Die Zonenverteidigung wird aufgegeben und Daniel Keppeler dreht in der Schlussphase offensiv auf, erzielt 10 Punkte in den letzten sechs Minuten und sorgt so beinahe im Alleingang für eine Tübinger Aufholjagd. Damit ist die Basis für ein erfolgreiches Comeback gelegt, zweieinhalb Minuten vor Ende liegen die Raubkatzen nur noch mit zwei Punkten zurück (78:80) und haben so alles in der Hand. Dennis Heinzmann, der Leverkusener Center-Hüne, vereitelt jedoch die Tigers-Träume auf einen Sieg zum Saisonabschluss mit zwei Offensivrebounds und daraus resultierenden einfachen vier Punkten in der letzten Minute. Am Ende einer unterhaltsamen und knappen Partie steht so ein unglückliches 84:88-Endergebnis zu Buche.

Viewers‘ Guide für den Relive-Genuss

  1. Viertel: Masochismus-Rating 4/10. Die Tigers wirken motiviert und fit zu Beginn ihres letzten Heimspiels und bieten den Zuschauer:innen eine ansehnliche und muntere Partie. Offensiv darf schönes Passspiel bewundert werden, das zu einer 63-prozentigen Feldwurfquote führt. Gelegentliche Aussetzer wie die, mit Verlaub, strunzdumme Sequenz zum Viertelende verhindern allerdings ein besseres Rating.
  2. Viertel: Masochismus-Rating 4/10. Beide Mannschaften kühlen im zweiten Viertel offensiv etwas ab, erzielen jeweils nur 16 Punkte. Trotzdem ist die Partie weiterhin recht ansehnlich und intensiv. Auf Leverkusener Seite gibt es eine starke Dreierquote von 67 Prozent zu bewundern und auch die Tigers können immer wieder einige Highlights einstreuen.
  3. Viertel: Masochismus-Rating 2/10. Nach der Halbzeitpause steigt der Unterhaltungswert der Partie noch weiter, das Spiel ist ausgeglichen, intensiv und beide Seiten geizen nicht mit attraktiven Aktionen. Wie im gesamten Spiel schon macht auf der Tigers-Seite vor allem das gute Ball-Movement Spaß.
  4. Viertel: Masochismus-Rating 2/10, bzw. für Menschen, die Wert auf das Ergebnis legen 5/10. Das letzte Viertel liefert eigentlich alles, was man sich als Fan wünschen könnte: starke Runs, defensive Intensität, offensive Highlights und eine spannende Schlussphase. Schade nur, dass die Tigers das schlechtere Ende für sich haben.

Woran hat es gelegen?

An den beiden Offensivrebounds, die Dennis Heinzmann in der letzten Minute einsammeln und zu einfachen Punkten machen konnte. Ohne diese beiden Putbacks hätten die Leverkusener keinerlei Offensivproduktion in der letzten Minute gehabt, die Tigers sich für ihre starke Defense belohnen können und das Spiel so vermutlich für sich entschieden. So lief aber doch alles anders, da die Tübinger Big Men den Leverkusener Koloss in der entscheidenden Phase am offensiven Brett nicht unter Kontrolle bekommen konnten.

Das Spiel in einem Video

https://www.youtube.com/watch?v=0ICBi-ku-G0

Ungefähr so habe ich das körperliche Kräfteverhältnis zwischen Dennis Heinzmann und den Tigers-Centern wahrgenommen. Ich bin beruhigt , dass Jekabs Beck sich zurückhalten konnte und Heinzmann nicht mit dem Spielball abgeworfen hat, hätte diese Reaktion aber durchaus nachvollziehen können.

Sadist des Tages

Hier kommt niemand anders in Frage als Dennis Heinzmann, der die Tigers schon in der ersten Halbzeit mit zwei krachenden Dunks blamierte und so seine physische Dominanz unter Beweis stellte. Im weiteren Spielverlauf blockte der 2,16m große und 120 Kilogramm schwere Koloss vier Tübinger Würfe, ließ sich viel zu leicht von Jekabs Beck beim Boxout zu Boden schmeißen, verfehlte alle seine fünf Freiwurfversuche und entschied am Ende das Spiel mit seinen Offensivrebounds. Zehn Punkte, fünf Rebounds und vier Blocks stehen nach Spielende für Heinzmann zu Buche, was solide Statistiken sind. Ausschlaggebend für den Sadisten-Titel ist aber die Art und Weise, auf die diese Statistiken erzielt wurden: demütigend, brachial und einzig durch körperliche Dominanz.

Lichtblick des Tages

Jekabs Beck. Im letzten Saisonspiel lieferte der junge Big Man der Tigers seine mit Abstand beste Offensivleistung ab: 13 Punkte bei 71% Trefferquote aus dem Feld lieferte Beck in 24 Minuten Einsatzzeit ab. Noch vor zehn Spieltagen wäre das nicht denkbar gewesen, damals war (zumindest meiner Meinung nach) dem Youngster seine Unsicherheit vor allem beim Abschluss in Korbnähe doch immer wieder anzumerken. Gegen Leverkusen hingegen verwandelte er seine Würfe unter dem Korb mehr als souverän und streute sogar einen Dreier ein. Umso mehr freut mich diese Performance vor dem Hintergrund, dass Beck nächste Saison auch noch für die Tigers unter Vertrag steht. Wenn er 2021/22 offensiv ähnlich selbstbewusst auftreten kann und weiter lernt, seinen jetzt schon starken Körper effektiv zu nutzen, kann er für die Tigers zu einer wichtigen Stütze unter dem Korb werden.

Statistik des Tages

27 Assists verteilten die Tigers über den gesamten Spielverlauf, was nochmal deutlich über dem ohnehin schon exzellenten Durchschnittswert von 19,6 pro Spiel liegt (mit dem die Tigers sich ligaweit auf dem zweiten Platz befinden). Derart gutes Zusammenspiel erfreut nicht nur Zuschauer:innen, sondern hat es den Tigers auch erlaubt, trotz des Ausfalls zwei ihrer drei besten Scorern die Partie wieder einmal eng zu gestalten.
Warum es am Ende trotzdem nicht für den Sieg reichte, kann man zu einem großen Teil an einer anderen Statistik festmachen: mit 26:39 haben die Tigers das Reboundduell gegen die Giants verloren. Vor diesem Hintergrund ist es umso beeindruckender, wie knapp die Tigers die Partie gestalten konnten – wobei es dann auch genau diese Reboundschwäche war, die in der letzten Minute den entscheidenden Ausschlag gab.

Schmankerl des Tages

Zum Saisonabschluss haben beide Teams an der Schmankerl-Front noch einmal ein wahres Feuerwerk abgebrannt, so dass es sehr schwer fällt, sich hier einzuschränken.

Einzig allein der Schmankerl-Platz Nummer eins ist klar vergeben und geht an Elias Valtonen für seinen Posterdunk im dritten Viertel bei 6:18 auf der Uhr. Die Entschlossenheit und Athletik, mit der der finnische Rookie die gegnerische Verteidigung attackierte, macht diesen Dunk fast zu meinem Tigers-Highlight der Saison. Der andere Kandidat für diesen Award ist der Alley-Oop-Dunk von Isaiah Crawley aus dem Einwurf hinaus, der im Hinspiel gegen Leverkusen bestaunt werden durfte – eine endgültige Entscheidung steht hier noch aus.

Platz zwei geht ausnahmsweise an einen Gegenspieler der Tigers: die beiden Dunks der ersten Halbzeit von Dennis Heinzmann (bei 3:30 im ersten Viertel und 9:25 im zweiten Viertel) waren derart heftig, dass sie hier noch einmal empfohlen werden müssen.

Da in dieser Rubrik nicht nur Dunks gewürdigt werden sollten, geht der dritte Platz etwas willkürlich an den schicken No-Look-Pass von Elias Valtonen, den Jekabs Beck im dritten Viertel bei 8:55 auf der Uhr zu einfachen Punkten machen konnte.

Jugendspieler-Watch

Gegen Leverkusen durften wie schon gegen Quakenbrück fünf Jugendspieler der Tigers Spielzeit sammeln: Timo Fischer mit 04:50 Minuten, Jekbas Beck mit 24:11 Minuten, Lucas Schiebelhut mit 05:47 Minuten, Elias Valtonen mit 34:48 Minuten und Timo Lanmüller mit 31:02 Minuten. Insgesamt gingen so 100:38 Minuten Einsatzzeit an Spieler, die unter das Nachwuchslabel der ProA fallen – also etwas mehr als 50 Prozent der verfügbaren Spielminuten. Damit konnte Danny Jansson in dieser Hinsicht einen mehr als gelungenen Saisonabschluss feiern und zum ersten Mal seit dem Bestehen dieses Blogs mehr als die Hälfte der Spielzeit an Nachwuchsspieler vergeben, was zumindest mich sehr freut.

Streambewertung

8/10. Hier gibt es nicht mehr viel Neues zu sagen. Bei der heutigen Übertragung hat mir besonders das starke Wiederholungs-Management des Regieteams gefallen, sowie die Tatsache, dass ein „03 Fragen an…“-Segment, das in der Halbzeitpause aufgrund eines technischen Problems noch ohne Ton lief, nach Spielende noch einmal vollständig gezeigt wurde. Danke dafür!

Links

Wie immer geht es hier noch zu den Spielberichten der Teams:

Tigers: https://tigers-tuebingen.de/gekaempft-und-alles-gegeben-knappe-8488-niederlage-gegen-leverkusen/

Giants: https://www.giants-leverkusen.de/index.php/teams/pro-a/news/783-giants-gehen-mit-einem-erfolgserlebnis-in-die-playoffs.html

…und zu den Stats: https://live.2basketballbundesliga.de/g/107146

Anregungen, Feedback, etc. gerne per Mail an kontakt (a t) basketball-masochisten.de, oder via Instagram (@basketball_masochisten.de).

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Spielberichte

Quakenbrück – Tigers

Zusammenfassung

  1. Viertel: Anders als in so vielen Spielen dieser Saison kommen die Tigers defensiv gut ins Spiel. Dafür kommen sie im Angriff aber gar nicht in Tritt, so dass nach drei gespielten Minuten ein kläglicher Zwischenstand von 2:3 zu Buche steht. Als erste Mannschaft finden die Tigers etwas Wurfglück, können sich auf 4:8 absetzen (4. Min.), nur um sich einen Quakenbrücker 10:0-Lauf zu fangen. Offensiv ist die Mannschaft von Danny Jansson völlig von der Rolle und einzig dank des starken Auftritts von Roland Nyama ist der Rückstand der Tigers zur Viertelpause mit 18:14 recht human.
  2. Viertel: Wieder schaffen es die Tübinger, mit mehr defensivem Druck ins Viertel zu starten als ihre Gastgeber. Auch dank der nun aggressiven Defense können die Raubkatzen aufholen und die Artland Dragons beim Stand von 20:19 zu einer Auszeit zwingen (13. Minute). In der Folge nimmt die Partie dann endlich richtig Fahrt auf. Die Gastgeber kontern mit einem 8:0-Run, aber die Tigers, bei denen Roland Nyama nun in der Offensive komplett das Ruder an sich reißt (19 Punkte in der ersten Halbzeit) lassen sich nicht abschütteln. Gegen Viertelende kommen die Tigers, die jetzt endlich auch Offense spielen können, den Dragons immer näher und können zur Halbzeit dann sogar mit 41:41 den Ausgleich erkämpfen.
  3. Viertel: Per Dreier kann Jekabs Beck direkt zu Viertelbeginn für die erste Führung der Tigers seit dem ersten Viertel sorgen (41:44, 31. Minute). In direkter Folge fangen sich die offensiv wieder zu schlampigen Tigers alleridngs einen schnellen 0:7-Run, der zu einem 48:44 Zwischenstand in der 24. Minute sorgt. Diesem Rückstand rennen die Tigers für den Rest der Viertelsmehr oder weniger erfolgreich hinterher, kommen dabei aber zu keinem einzigen Punkt in der Zone, sondern sind offensiv nur von der Dreierlinie oder selten einmal aus der Mitteldistanz erfolgreich. Besonders überzeugend wirkt das nicht, aber da Quakenbrück auch nicht überragend auftritt und der Dreier bei den Tigers endlich halbwegs fällt (37% 3FG zum Viertelende), können die Janssons mit einem Rückstand von nur 66:59 ins Schlussviertel gehen.
  4. Viertel: Direkt zu Viertelbeginn stellt Danny Jansson sein Team in der 1-3-1-Zone auf, die wir dieses Jahr schon öfter sehen durften – und zwar diesmal mit durchschlagendem Erfolg. Seine Mannschaft legt gegen komplett verunsicherte Artländer, bei denen jetzt ein Ball nach dem anderen weggeschmissen wird, einen 10:0-Lauf aufs Parkett und führt so auf einmal mit 66:69. Ganze 3:40 Minuten müssen die Dragons auf ihre ersten Punkte im Schlussabschnitt warten. Zwar schaffen es die Gastgeber sogar noch einmal, die Führung zurückzuerobern (73:71, 36. Minute), doch die Defense der Tigers steht weiterhin sicher und erlaubt den Dragons nur 13 Punkte im letzten Viertel. So schaffen es die Tübinger, die sich jeden Punkt nun hart erarbeiten müssen, in der 39. Minute einen Vorsprung von 77:81 zu erspielen. Im Gegensatz zu so vielen anderen Spielen dieser Saison können die Tübinger dieses Mal die Führung verteidigen unddank einer (willens-)starken Schlussphase einen 79:85-Erfolg nach Hause bringen.

Viewers‘ Guide für den Relive-Genuss

  1. Viertel: Masochismus-Rating 6/10. In der Verteidigung legen die Tigers zwar engagiert los, aber offensiv ist es ein trauriger Auftritt, den man in den ersten zehn Minuten mitansehen kann. Nur 33 Prozent ihrer Würfe aus dem Feld treffen die Raubkatzen, dazu kommen fünf teilweise haarsträubende Turnover. Einzig Roland Nyama mit sieben Punkten liefert offensiv ab, was ein kleiner Trost ist.
  2. Viertel: Masochismus-Rating 3/10. Inzwischen kann man in Quakenbrück eine sehr ansprechende Partie verfolgen. Die Tigers zeigen trotz der weiterhin recht dünnen Personaldecke guten Einsatz und im Angriff lässt sich die eindrucksvolle Two-Man-Show von Elias Valtonen und Roland Nyama bewundern, die gemeinsam 31 der 41 Tigers-Punkte erzielen.
  3. Viertel: Masochismus-Rating 6/10. Es ist wirklich bizarr zu sehen, was die Tigers in diesem Viertel veranstalten, offensiv geht außer von der Dreierlinie rein gar nichts, die Defensive ist solide aber auch nicht überragend und trotzdem schaffen es die Dragons nicht, sich wirklich abzusetzen und aus der Tübinger Schwäche Kapital zu schlagen. Komisches Viertel, aber nicht unbedingt sehenswert.
  4. Viertel: Masochismus-Rating 2/10. Hier macht das Zuschauen Spaß, vor allem weil die Tigers defensiv engagiert und geschlossen als Team zu Sache gehen – hier hat man den Eindruck, dass die Mannschaft als Einheit die Vorstellungen des Coaches umsetzen will und kann. Dazu kommt die Freude, dass die Tigers es diesmal wirklich schafefn, in der Crunchtime die wachere und smartere Mannschaft zu sein. Besonders der vorletzte Angriff der Tigers, in dem sie zwei Offensivrebounds erkämpfen, ehe Daniel Keppeller per Dunk in letzter Sekunde der Shotclock das Spiel entscheidet ist hier zu nennen. Viel zu oft standen die Tübinger diese Saison auf der anderen Seite einer solchen Situation und umso besser tut es, wenn sie selbst einmal derartige Big Plays landen können.

Woran hat es gelegen?

An der 1-3-1-Zone im letzten Viertel. Zwar haben die Tigers das ganze Spiel über anständig verteidigt, doch erst die Umstellung im letzten Spielabschnitt brachte die Entscheidung. Zu keinem Zeitpunkt wirkten die Dragons so, als ob sie wüssten, was sie gegen diese Verteidigungsvariante tun sollten – sowohl während des 10:0-Runs, mit dem die Tigers das Viertel beginnen, als auch in der Schlussmiunute beim Stand von 79:83, als die Quakenbrücker aus der Auszeit heraus kein anständiges Play aufs Parkett bringen konnten. Man könnte meinen, dass Danny Jansson diese Verteidigungsvariante diese Saison schon oft genug eingestreut hat, dass gegnerische Teams zumindest halbwegs darauf vorbereitet sind, aber gegen die Artland Dragons war das glücklciherweise nicht der Fall.

Das Spiel in einem Video

https://youtu.be/Ou1ECBFxC5k?t=47

„The explanation is very straightforward, Coach Russ. thank you for the knowledge“ – Youtube-User Danny J.

Sadist des Tages

Adrian Breitlauch. Neben den Lodders-Brüdern besitzt Adrian Breitlauch einen meiner absoluten Lieblings-Nachnamen der ProA und genau wie die man es auch von den Lodders-Brüdern kennt, hat er den Tigers im heutigen Spiel ordentlich zugesetzt. Offensiv war Breitlauch als einziger wirklich gefährlicher Dreierschütze (4/9 3FG, 22 Punkte) der Spieler, der die Tigers-Zone am ehesten bestrafen konnte. Dazu kommen fünf äußerst schmerzhafte Offensivrebounds, die Breitlauch mit seinen hünenhaften 1,93 erringen konnte. Auch defensiv setzte der Quakenbrücker Kapitän mit vier Steals unangenehme Nadelstiche, die die Tigers am Ende zwar nicht den Sieg kosteten, aber ihnen trotzdem einiges an Leiden bereiteten.

Lichtblick des Tages

Roland Nyama. Das Spiel gegen Quakenbrück ist der perfekte Anlass, um Roland Nyama die Wertschätzung zukommen zu lassen, die er sich vor allem seit der verschärften Verletzungssitaution verdient hat. In der personell so schwierigen Schlussphase der Saison hat er sich mehr denn je als Führungsspieler und Leistungsträger hervorgetan und besonders in frühen Spielphasen immer wieder wichtige Impulse geliefert – dazu kommt steets aufopferungsvoller Kampf, gerne auch unter dem Korb als Super-Smallball-Vierer wie zum Beispiel gegen Bremerhaven. Gegen die Dragons krönte Nyama seinen starken Saisonendspurt mit seiner individuell besten Scoring-Performance der Saison, besonders die 19 Punkte in der ersten Halbzeit sind aller Ehren wert, die sechs Zähler im Schlussabschnitt sind aber mindestens ebenso wertvoll. In der Form des letzten Saisondrittels würde ich mich sehr freuen, Roland Nyama als designierten „Veteran“ wieder bei den Tigers sehen zu können.

Statistik des Tages

57,6%. Das ist nicht etwa die Feldqurfquote von Robert Oehle, sondern der Anteil an den Punkten der Tigers, der durch das Duo Elias Valtonen (24 Punkte) und Roland Nyama (25 Punkte) erzielt wurde. Offensiv ist also klar, wer bei den Tigers heute die Last getragen hat und ohne tiefergehende Recherche würde ich sogar vermuten, dass es sich hierbei um den höchsten Anteil handelt, den ein Tigers-Duo diese Saison am Scoring seiner Mannschaft hatte.

Schmankerl des Tages

Meine eindeutige Lieblingsszene dieses Spiels ist der vorletzte Angriff der Tigers, der 53 Sekunden vor Spielende beginnt und erst 12 Sekunden vor der Schlusssirene endet. In dieser Spanne erkämpfen sich die Tigers, die mit zwei Punkten führen, zwei Offensivrebounds, lassen wertvolle Zeit von der Uhr laufen und können schließlich dank eines sehenswerten Buzzerbeater-Dunks von Daniel Keppeler ihre Führung auf vier Punkte erhöhen und das Spiel so entscheiden.

Auch die nächsten beiden Schmankerl sind Keppeler-Dunkings, beide Male schmackhaft vorbereitet von Elias Valtonen und finden sich im vierten Viertel, bei je ca 6:10 und 4:03 auf der Spieluhr.

Jugendspieler-Watch

Durch das Saisondebut von Lucas Schiebelhut, der 04:32 aufs Parkett durfte, wurden gegen die Dragons insgesamt ganze fünf Nachwuchsspieler eingesetzt, was so schon lobenswert ist. Mit Jekabs Beck (19:08), Timo Fischer (05:56), Elias Valtonen (32:45) und Timo Lanmüller (22:27), konnten alle anderen Jugendspieler sogar mehr Einsatzzeit als Schiebelhut erlangen, der seinen ersten ProA-Auftritt selbstbewusst und engagiert nutzen konnte. Insgesamt stehen für die Tübinger Nachwuchskräfte 84:48 Miunten zu Buche, was ca 42% der insgesamt verfügbaren Einsatzzeit bedeutet – ein sehr erfreulicher Wert!

Streambewertung

3,5/10. Der Quakenbrücker Stream macht nichts besonders gut: keine Einspieler in den Pause, keine Wiederholungen, wenig Pre-Game-Einstimmung. Der Kommentar ist solide, aber nicht atemberaubend. Was mich aber ungemein gestört hat, viel mehr als der kleine Audio-Aussetzer zu Spielbeginn, ist der Abbruch des Streams in der Crunchtime. Ungefähr drei Minuten vor Spielende war der Stream für knappe zwei Minuten für mich nicht mehr aufrufbar, auch nicht mit unterschiedlichen Browsern. Ob der Fehler hier bei Sportdeutschland.tv liegt, oder beim Quakenbrücker Übertragungsteam weiß ich nicht, geärgert habe ich mich aber trotzdem. Soetwas darf doch nicht passieren, besonders wenn die Tigers ausnahmsweise ein gutes Schlussviertel spielen…

Links

Wie immer hier die Links zu den Spielberichten der Teams:

Tigers: https://tigers-tuebingen.de/ein-sieg-der-moral-raubkatzen-holen-personell-geschwaecht-rueckstand-auf-und-siegen-mit-8579-bei-den-artland-dragons/

Dragons: https://www.artland-dragons.de/saison/news/news-detail/article/dragons-sichern-playoff-teilnahme-trotz-niederlage.html

… und zur Spielstatistik: https://live.2basketballbundesliga.de/g/107137?s=boxscore

Ich grüße hier noch alle Leser:innen, die durch das schmeichelhafte Porträt im Schwäbischen Tagblatt den Weg auf diesen Blog gefunden und sich tatsächlich durch einen ganzen Bericht gekämpft haben, danke! Anregungen, Feedback, Wünsche für Offseason- Berichterstattung, etc. bitte per Mail an kontakt (a t) basketball-masochisten.de, oder via Instagram (basketball_masochisten.de).