Nachdem sich herausgestellt hat, dass es unglaublich unübersichtlich wäre, all die Fragen, die mich vor der Saison beschäftigen, in einen einzelnen Vorschau-Artikel zu packen, habe ich mich entschieden, in den kommenden Wochen, meine Preview-Fragen einzeln hier hochzuladen. Nach Kao ist diesmal Jhivvan Jackson, der neue Aufbauspieler der Tigers Tübingen dran, wobei mich besonders folgende Frage bewegt:
Wird Jhivvan Jackson in einem Spiel 40 Punkte oder mehr erzielen?
Mit Jhivvan Jackson haben die Tigers diese Saison einen Spielertyp im Kader, den Danny Jansson in den letzten Saisons so nicht zur Verfügung hatte – einen puren Scorer auf den Guard-Positionen, der auch über die Dauer eines ganzen Spiels heißlaufen kann. In jeder seiner bisherigen Karrierestationen hat Jackson – der mit ‚the Puerto Rican Iverson‘ wohl auch den coolsten Spitznamen der diesjährigen Mannschaft besitzt – bewiesen, dass er Spiele an sich reißen und offensiv im Alleingang entscheiden kann. Es braucht keine zwei Minuten Youtube-Recherche, um Highlights aus 40+-Punkte-Spielen aus seiner Highschool-Zeit, seiner College-Karriere, und seinem ersten Profi-Jahr in Belgien zu finden. Auch in seinem ersten Tigers-Testspiel gegen Crailsheim konnte Jackson mit 24 Punkten bei nur einem Fehlwurf aus dem Feld eindrucksvoll seine Scoring-Fähigkeiten unter Beweis stellen.
Nun ist die BBL aber nochmal ein anderes Niveau als die BNXT-Liga und 40-Punkte-Spiele in Deutschlands Basketball-Oberhaus sind doch recht rar gesät – das letzte gelang dem damaligen Saison-MVP Parker Jackson-Cartwright in der Spielzeit 2021/22. 40 oder gar mehr Punkte in einem BBL-Spiel aufzulegen wäre also ein absolutes Statement. Ob Jackson im Tigers-Dress 40-Punkte erzielen wird, ist in meinen Augen dabei aber weniger eine Frage nach seinem individuellen Können, sondern eher nach der Rolle, die er im Team von Danny Jansson einnehmen wird. Wie grün wird das Licht für den eigenen Abschluss sein, das er von Coach Jansson bekommt? We sehr muss er als Point Guard für andere kreieren, wie sehr darf er seinen eigenen Wurf suchen? In der vergangenen Spielzeit hatte Jackson für Charlerloi mit 13 Feldwurfversuchen pro Spiel fast mehr als doppelt so viele Abschlüsse zur Verfügung als der in dieser Kategorie Zweitplatzierte Rafael Lisboa – einen derartigen Fokus auf einen einzelnen Spieler haben wir unter Danny Jansson noch nicht gesehen, zumal bei Jackson in der letzten Spielzeit mit seinen 2,3 Assists pro Spiel ganz klar zu sehen war, dass der eigene Abschluss im Angriff Priorität Nummer eins, zwei und drei war. Ich gehe davon aus, dass wir den ‚Puerto Rican Iverson‘ in der kommenden Saison in einer zahmeren Rolle sehen werden, in der er als Point Guard mehr als Teil eines Offensiv-Ensembles funktionieren muss und nicht wie bisher in seiner Karriere vor allem nach dem eigenen Abschluss schauen darf. Dass ihm das auch klar so kommuniziert wurde, wird im RTF-Saisonauftakt-Interview deutlich, wo Jackson selbst sagt, dass von ihm dieses Jahr eher erwartet wird, als Point Guard anstatt wie bisher in seiner Karriere als Shooting Guard zu agieren.
Es wird spannend zu sehen, wie schnell und wie gut sich Jackson an diese Rolle anpassen kann und ob es eine gute Idee ist, einen Spieler, der in seiner Karriere bisher vor allem als überragender Scorer aufgetreten ist, ein Stück weit dieser Stärke zu berauben und in eine neue Rolle zu stecken, in der der eigene Abschluss eine deutlich niedrigere Priorität hat. In der sehr begrenzten Stichprobe der Testspiele, bei denen die Tigers (wie so viele BBL-Clubs) nicht gerade mit Statistiken oder ausführlichen Berichten um sich werfen, war auf jeden Fall zu sehen, dass Jacksons Punkte-Produktion nach dem Debut-Krachermit 24 Punkten gegen Crailsheim in den folgenden Spielen gegen Trier und Karlsruhe mit neun beziehungsweise fünf Punkten deutlich nach unten ging – wobei wir hier natürlich nicht erfahren, wie viele Würfe sich der neue Tigers-Spielmacher dafür genehmigt hat und was er sonst zu den beiden Siegen beigetragen hat.
Jacksons Rolle im Team bleibt für mich eine der großen Fragen dieser Pre-Season und ich bin sehr gespannt, beim Season-Opener gegen die Bozic Estriche Knights Kirchheim (ein Name, der geradezu auf der Zunge zergeht, dann doch lieber keinen Namenssponsor…) erste eigene Eindrücke sammeln zu können. Und was die kommende Saison betrifft kann ich mir zum jetzigen Zeitpunkt gut vorstellen, dass hin und wieder doch Spiele kommen werden, in denen Jackson eine heiße Hand hat und von der Trainerbank das Kommando erhält, einfach zu scoren. Auf eine Weise fände ich es auch traurig, einen so begnadeten Scorer seiner einen großen Stärke zu berauben und in ein enges System-Korsett zu schnüren, daher freue ich mich jetzt schon auf die Partien, in denen Jackson einfach draufhalten darf und hoffe es werden derer nicht zu wenige. Das Ergebnis dürfte auf jeden Fall spektakulär sein – und dann wäre ich auch nicht zu überrascht, wenn am Ende 40 Punkte oder mehr für Jhivvan Jackson auf der Anzeigetafel prangen.