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Spielberichte

Tigers – Nürnberg

Zusammenfassung

  1. Viertel: Wie man es aus den letzten Tigers-Spielen gewohnt ist, beginnen beide Teams ohne nennenswertes Augenmerk auf der Verteidigung. Den Tübingern bereitet in den ersten Minuten vor allem Jackson Kent Probleme, der einen großen Anteil am Zwischenstand von 8:12 nach fünf Minuten hat. Die Hausherren finden aber die richtige Reaktionen, verteidigen deutlich engagierter und können sich zur Viertelpause einen 23:18-Vorsprung erarbeiten.
  2. Viertel: Bis zur Mitte der zweiten Periode schenken sich beide Mannschaften nichts, bei den Raubkatzen stimmt die Einstellung in der Defensive, offensiv geht zunächst aber zu wenig, um sich wirklich abzusetzen. Als Enosch Wolf dann aber zwei Dreier in Folge verwandelt, liegt sein Team auf einmal mit 37:28 vorne (15. Minute) und kontrolliert die Partie. Auch einen kleinen Nürnberger Run können die Tigers kontern und ihre Führung zur Halbzeit sogar auf 48:35 ausbauen.
  3. Viertel: Weiterhin verteidigen die Janssons sehr engagiert und zwingen die Gäste zu vielen Fehlern, was in einfachen Tübinger Punkten und einem überragenden Zwischenstand von 59:37 resultiert (25. Minute). Anstatt nun aber den Sack ganz zuzumachen und das Spiel schon im dritten Viertel für sich zu entscheiden, werden die Tigers noch einmal nachlässig und lassen die Falcons mit einem halbwegs versöhnlichen Zwischenstand von 72:57 in die letzte Pause gehen.
  4. Viertel: Jetzt gilt es für die Tigers, die Traumata der letzten Wochen abzuschütteln und einen Sieg im letzten Viertel nach Hause zu bringen. Zu Viertelbeginn wirken die Raubkatzen auch noch halbwegs souverän, wehren einen kleinen Nürnberger Run ab und führen in der 35. Minute schon mit 80:65. Dann allerdings sind die Gäste am Drücker und ein beklemmendes Gefühl stellt sich bei Tigers-Fans ein, als die Gäste einen 8:0-Lauf hinlegen können und auf einmal knapp zweieinhalb Minuten vor Spielende wieder auf 80:73 herangekommen, während die Hausherren vor allem offensiv gar nichts mehr auf die Kette bekommen. Dann allerdings schlägt die Stunde des Josh Sharkey, der im Alleingang die nächsten elf Punkte der Partie erzielt und Mitspieler und Fans gleichermaßen erlöst. Am Ende steht ein durchaus verdienter 91:73-Sieg für die Tübinger zu Buche, der hoffentlich den Grundstein für bessere Crunchtime-Performances im Laufe der Saison gelegt hat.

Viewers‘ Guide für den Relive-Genuss

  1. Viertel: Masochismus-Rating 3,5/10. Nach einem zerfahrenen Start ins Spiel, der eher einem fröhlichen Gezocke unter Freunden als einem wichtigen Kellerduell ähnelt, fangen sich die Tigers, verteidigen sehr engagiert (was sich zum Beispiel in zwei sehenswerten Blocks von Daniel Keppeler wiederspiegelt) und kommen auch offensiv immer öfter zu sehenswerten Abschlüssen. Nach dem fehlerintensiven Start beider Mannschaften ein für Tigers-Fans ansehnlicher Spielabschnitt.
  2. Viertel: Masochismus-Rating 2/10. Wieder einmal ist der Viertelbeginn der Tigers eher zerfahren, danach macht das zuschauen aber richtig Spaß. Die Defense der Tübinger ist aggressiv, führt zu einfachen Fastbreakpunkten und der Ball läuft offensiv flüssig. Sehr empfehlenswert.
  3. Viertel: 2/10. Weiterhin sehr gut anzuschauen. Vor allem, dass die Tigers endlich einmal stark aus der Halbzeitpause kommen und weiter Druck machen, ist Balsam auf die geschundene Fan-Seele. Schade, dass Nürnberg der kleine Lauf zum Viertelende erlaubt wird, aber ansonsten gibt es nicht viel zu bemängeln.
  4. Viertel: 5/10. Zumindest für mich war der Nervenkitzel der Schlussphase wieder einmal schwer zu ertragen. Nachdem man sich schon beinahe in Sicherheit gewiegt hatte, erweckte der Nürnberger Endspurt Erinnerungen an die letzten tragischen Niederlagen der Tigers. Bis dann endlich Josh Sharkey nach viel offensivem Krampf den Sieg nach Hause brachte, hätte ich am liebsten eigentlich schon abgeschaltet um mich vor einer weiteren Enttäuschung zu bewahren. Allerdings ist das letzte Viertel wohl deutlich einfacher zu ertragen, wenn man den Spielausgang schon kennt, weswegen ich euch auch nicht gänzlich vom Nachschauen abraten möchte.

Woran hat es gelegen?

War das Narrativ in den letzten Spielen der Tigers noch, dass man nach soliden Leistungen zum Spielende hin komplett auseinanderfiel und den Sieg abgab, so ist die Geschichte des heutigen Spiels die des Josh Sharkey, der das Spiel in der Schlussphase komplett in die Hand nahm und den Sieg beinahe alleine sicherte. Genau einen solche Go-to-Guy-Performance hätten die Tigers in den letzten Spielen schon immer gebrauchen können und gegen Nürnberg war es Sharkey, der diese ablieferte und das Spiel mit elf Punkten in zwei Minuten entschied. Damit ist er nicht nur zurecht der „Tress Man of the Match“, sondern für mich auch der spielentscheidende Faktor für den Sieg der Tigers.

Das Spiel in einem Video

https://www.youtube.com/watch?v=1jbtt6OGLms

Josh Sharkey heute in der Rolle das Tracy McGrady für (sehr) Arme: elf Punkte in zwei Minuten sind zwar lange keine 13 Punkte in 33 Sekunden, aber für ProA-Verhältnisse sollte dieser Vergleich halbwegs passen.

Sadist des Tages

Ausnahmsweise zeichne ich hier nicht den Spieler der gegnerischen Mannschaft aus, der mir beim Zuschauen am meisten Leiden bereitet hat. Denn auch wenn z.B. Jonathan Maier den Tigers mit 13 Punkten ordentlich eingeschenkt hat und wohl in die Top 5 der bedrohlichsten Ellenbogen der ProA gehört, war es heute die Tigers-Mannschaft als Kollektiv, die mir im vierten Viertel das meiste Leiden beschert hat. Nach ca. 34 absolut überzeugenden Minuten zum Spielende hin noch einmal derart abzubauen und den üblichen Einbruch im Schlussviertel anzutäuschen, nehme ich der Mannschaft persönlich übel. In der Manier einer Hauskatze, die mit ihrem Essen spielt und die Maus fast noch einmal entkommen lässt, bevor sie sie verspeist , ließen die Tübinger Großkatzen die Nürnberg Falcons für meinen Geschmack viel zu nah herankommen, bevor Josh Sharkey dann Mitleid zeigte und endlich die Entscheidung herbeiführte.

Lichtblick des Tages

Nachdem ich in den letzten Wochen in dieser Kategorie vor allem Jugendspieler ausgezeichnet habe, ist mit Besnik Bekteshi heute einer der Veteranen der Tigers-Mannschaft an der Reihe. Auch wenn er in den letzten Partien schon auf dem Parkett stand, würde ich den Auftritt gegen Nürnberg als sein eigentliches Comeback werten. Vor allem in der ersten Halbzeit zeigte der so lange verletzungsgeplagte Guard, wie viel er eigentlich beitragen kann und legte bockstarke 15 Punkte in acht Minuten (bei 5/6 FG) auf. Wenn Bekteshi an diese Performance anknüpft und dann noch ein von der Länderspielpause motivierter Elias Valtonen zurückkehrt, könnte vielleicht sogar gegen Tabellenführer Jena in zwei Wochen was zu holen sein (wobei ich mir eigentlich aus Selbstschutz keine derartigen Hoffnungen mehr machen wollte…).

Statistik des Tages

Nachdem die Tigers in den letzten Spielen immer wieder Probleme mit ihren hohen Turnover-Zahlen hatten, waren sie es heute, die die Falcons zu 17 Ballverlusten zwangen, während sie selbst mit nur 13 Turnovern in dieser Kategorie sehr solide auftraten. Besonders beeindruckend dabei ist, dass die Tübinger mit 13 Steals genau so viele Ballgewinne wie Ballverluste erzielen konnten, was für die heute stark verbesserte Defensive spricht. Besonders hervorgetan hat sich hierbei Ensoch Wolf, der mit fünf Steals und einem Block seine defensiv wohl beste Saisonleistung aufs Parkett brachte.

Schmankerl des Tages

Auf Platz eins der Schmankerl-Liste findet sich wieder einmal Isaiah Crawley, diesmal allerdings nicht als Dunker, sondern als Passgeber für Troy Simons, der im ersten Viertel bei ca. 3:55 auf der Uhr nach einem sehr hübschen Backdoor-Cut die Nürnberger Helpside erbarmungslos aufs Poster packte.

Auf Platz zwei landet Enosch Wolf mit Steal und darauf folgendem Fastbreak-Dunk im dritten Viertel bei ca. 8:00 auf der Uhr. Es macht immer Spaß, einen Big Man zu sehen, der Ballgewinne holt und daraufhin Coast to Coast geht und hier bildet Big Money Enosch (Ratings für diesen Spitznamen gerne via Mail oder auf Instagram) keine Ausnahme.

Auf Platz drei landet Josh Sharkey mit einem ähnlichen Demütigungsmoment, wie ihn letzte Woche Shaun Willett den Tigers bescherte. Bei nur noch 26 verbleibenden Sekunden steigt er am Mann zum Dreier hoch, verkauft den Kontakt derart, dass er zu Boden fällt und ein technisches Foul für Flopping erhält, trifft aber den schwierigen Wurf und setzt so den sprichwörtlichen Nagel in den Sarg. So wenig ich diese Mischung von Selbstbewusstsein/Arroganz und Dreistigkeit bei gegnerischen Spielern leiden kann (Grüße nach Bremerhaven an Trey Davis), habe ich trotzdem das Gefühl, dass den Tigers diese Art von ‚Cockiness‘ in der Schlussphase helfen kann und würde mich freuen, Sharkey auch in Zukunft etwas extrovertierter und von sich selbst überzeugt zu sehen. Die Fähigkeiten, um sich das erlauben zu können, hat er allemal.

Jugendspieler-Watch

Mit Mirjan Broening (04:11), Jekabs Beck (09:35) und Timo Lanmüller (24:38) haben heute drei U22-Spieler Einsatzzeit gesehen und kamen gemeinsam auf 38:24 Minuten, was ca 19,2 Prozent der verfügbaren Spielzeit bedeutet. Besonders positiv sind dabei zwei Dinge zu nennen: zum einen führt Lanmüller mit seinen 24:38 Minuten das gesamte Team an, zum anderen setzte Danny Jansson in einer potentiell kritischen Phase des Spiels, nämlich zu Beginn des vierten Viertels auf alle drei Nachwuchsspieler gleichzeitig – von diesem Mut wünsche ich mir in Zukunft noch mehr.

Streambewertung

An dieser Stelle muss ich zuallererst meinen Dank dafür aussprechen, vom Kommentatoren-Duo Niklas Schüler und Benedict Hottner, mit diesem Block vor Spielbeginn und der Halbzeitpause namentlich erwähnt und gelobt worden zu sein – das hat mich wirklich sehr gefreut und geehrt!

Mit dem, was nach dieser Sympathieoffensive des Stream-Teams noch von meiner „journalistischen“ Unbefangenheit übrig geblieben ist, würde ich dem Stream auch dieses Mal wieder eine sehr solide 8/10 geben. Besonders gefreut hat mich, dass die Pre-Game-Show nicht nur aus dem Gespräch der beiden Kommentatoren bestand, sondern zusätzlich ein vorproduziertes Interview mit Coach Danny Jansson eingespielt wurde, wie man es bisher nur von anderen, besser aufgestellten ProA-Vereinen kannte. Man kann wirklich mitverfolgen, wie die Tigers sich hier von Spiel zu Spiel professionalisieren wollen, was zumindest mich auch Wackler bei neuen Featueres wie der Kameraperspektive unter dem Korb verzeihen lässt, bei der die Beleuchtung nicht stimmte und auch der Schnitt irgendwie verzögert wirkte. Der Kommentar selbst war auch (inzwischen gewohnt) fachkundig und gut anzuhören, so dass ich hier nach den letzten Spielen nicht mehr viel hinzuzufügen habe.
Mit Spannung werde ich verfolgen, was in Zukunft noch alles passiert, um die Streamqualität weiter anzuheben!

Links

Hier noch die gewohnten Links zu den Spielberichten der Teams:

Tigers: https://tigers-tuebingen.de/deutlicher-9173-erfolg-ueber-das-schlusslicht-nuernberg/

Nürnberg Falcons: https://n-bc.de/2021/02/14/enttaeuschung-bei-nuernberg-falcons-nach-9173-niederlage-in-tuebingen/

…und den offiziellen Stats:

https://live.2basketballbundesliga.de/g/107074?s=boxscore

Über Anregungen, Feedback und Fragen freue ich mich per Mail an kontakt (a t) basketball-masochisten.de, oder über instagram (@basketball_masochisten.de).