Zusammenfassung
- Viertel: Das Baden-Württemberg-Duell, das nur mit sehr viel gutem Willen als Derby zu bezeichnen ist, beginnt ohne nennenswerte Verteidigungsbemühungen auf beiden Seiten, wobei Isaiah Crawly zu Viertelbeginn seine Mannschaft mit zehn Punkten in fünf Minuten beinahe alleine im Spiel hält. Im Viertelverlauf schaffen es die Tigers dann offensiv immer wieder, ins Laufen zu kommen, können einige Stops erzielen und führen nach zehn gespielten Minuten mit 26:22.
- Viertel: Die Gastgeber starten offenisv schlampig in den Spielabschnitt und geraten nach zwei schnellen Dreiern von Albert „AK 47“ Kuppe – dem ProA-Spieler mit dem für sein Spiel und Äußeres unpassendsten Spitznamen – auf einmal mit sechs Punkten in Rückstand (32:38, 13. Minute). Nach der hierauf folgenden Jansson-Timeout sehen die Tigers zwar weiterhin dem Augentest nach schwach aus, lassen aber nicht abreißen und kommen durch den in der ersten Halbzeit sehr aktiven Timo Lanmüller sogar auf einen Punkt zum 46:47 in der 17. Minute heran. Zum Viertelende hin lassen sich die Defizite in der Verteidigung und beim Rebound aber nicht kaschieren, so dass die Heidelberger Gäste mit eine Führung von 52:59 (!) in die Pause gehen.
- Viertel: Entegegen aller Erwartungen starten die Tübinger höchst motiviert und konsequent in die zweite Halbzeit, können in den ersten zwei Minuten des ersten Viertels einen 10:2-Lauf hinlegen und die MLP Academics zur Auszeit zwingen. Heidelberg kann zwar zum 69:73 in der 25. Minute kontern, doch von nun an ist das Spiel ein ausgeglichenes, intensives und sogar hochklassiges. Beide Mannschaften agieren auf Augenhöhe und unsere Janssons können mit einer 83:82-Führung das Viertel beenden und bei ihren Fans Hoffnung auf den Überraschungserfolg wecken.
- Viertel: Im Schlussabschnitt kommt es, wie es kommen musste. Es ist Déjà-Vu-Zeit für alle Tigers-Fans angesagt: ihre Mannschaft bricht nach einem vielversprechenden Spiel in der entscheidenden Schlussphase komplett ein, kassiert direkt zu Viertelbeginn einen Heidelberger 12:0-Lauf und erzielt erst nach vier Minuten in Person von Troy Simons ihre ersten Punkte. Zu diesem Zeitpunk ist das Spiel entschieden, der Tübinger Wille gebrochen und beide Teams tun in einem offensiven Schaulaufen ihr bestes, den ProA-Rekord für gemeinsam erzielte Punkte in Regelspielzeit zu brechen, was in einem 100:115-Endergebnis resultiert.
Viewers‘ Guide für den Relive-Genuss
- Viertel: Masochismus Rating 3/10. Im Relive können geneigte Zuschauer:innen hier ein recht schnelles Spiel mit (für ProA-Verhältnisse) anständigem Fehlerniveau und gelungenen Offenisvaktionen betrachten.
- Viertel: Masochismus-Rating 5,5/10. Zwar dürfen wir im zweiten Viertel einen sehr leckeren Alley-Oop-Dunk von Isaiah Crawley bewundern (bei 8:48 auf der Uhr), ansonsten überzeugen die Tigers optisch aber nicht wirklich, sind offensiv zu fehleranfällig und defensiv zu nachlässig. Licht (61% FG) und Schatten (10 TO) wechseln sich in der ersten Halbzeit und besonders im zweiten Viertel ab.
- Viertel: 2/10. Nach einer kooperativen Slapstick-Einlage beider Mannschaften zu Beginn des Spielabschnitts, kann hier der beste und intensivste Basketball des Spiel beobachtet werden. Auch wenn die Partie weiterhin ein High Scoring Game bleibt, treten die Tigers bissig und selbstbewusst auf und lassen auf den Sieg hoffen. Nach diesem versöhnlichen Viertel hätte man guten Gewissens abschalten können und sollen.
- Viertel: 9/10. Das Narrativ des letzten Viertels ist Tigers-Fans aus zu vielen vorherigen Spielen bekannt und muss nicht noch einmal tiefer eingebrannt werden, indem man sich diesen Spielabschnitt anschaut. Die Tübinger starten defensiv hilflos und offensiv uninspiriert in das entscheidende Viertel, die Heidelberger Veteranen-Truppe bestraft das eiskalt und all die Hoffnungen, die davor noch aufgekeimt waren sind zerstört. Schade eigentlich.
Woran hat es gelegen?
Der Lauf der Academics zu Beginn des letzten Viertels hat dieses Spiel entschieden. Als es darauf ankam, waren die Tigers trotz der sehr soliden vorhergehenden Performance nicht bereit, sich den Heidelbergern entgegenzustellen. Hierbei würde ich nicht das spielerisches Vermögen, sondern mangelnde mentale Härte von Seiten der Raubkatzen als Grund für den Einbruch anführen. Aus dem bisherigen Saisonverlauf, in dem sich knappe, vermeintlich unnötige Niederlagen aneinanderreihen (siehe z.B. vs. Schwenningen, Leverkusen, Rostock…) hat die Mannschaft offenbar noch nicht die richtigen Schlüsse ziehen können und weiterhin ein eklatantes Problem damit, durchaus gewinnbare Spiele nach Hause zu bringen. Bisher ist genau dieser Ablauf für mich das bestimmende Narrativ der diesjährigen Spielzeit wobei ich darauf hoffe, im weiteren Saisonverlauf eines besseren belehrt zu werden und die Geschichte eines Umschwungs und Mentalitätswandels dokumentieren zu dürfen.
Das Spiel in einem Video
https://www.youtube.com/watch?v=0H6n1aK0ZSo
Heidelberg in diesem Kurzfilm in der Rolle des alten Mannes, der nie wirklich in Gefahr war.
Sadist des Tages
Der begehrteste Spieltagstitel der ProA geht an Shaun Willett, der den Tigers schon vor seinem Teamwechsel als Schwenninger einiges an Leid zugefügt hat und sich mit seiner neuen Mannschaft als erstklassiger Sadist treu geblieben ist. Nicht nur defensiv setzte der Duckface-MVP der Liga (https://www.mlp-academics-heidelberg.de/team/shaun-willett) den Tigers mit seinen schnellen Händen ungemein zu und sammelte alleine fünf Steals und zwei Blocks, darüber hinaus scorte er in der Zone beinahe nach Belieben (24 Punkte bei 9/15 aus dem 2er-Bereich), und demütigte dann, um dem ganzen die Krone aufzusetzen, eine bereits gebrochene Tigers-Mannschaft mit einem sehr sehenswerten Alley-Oop-Dunk 35 Sekunden für Spielende.
Statistik des Tages
115 Punkte erzielten die MLP Academics Heidelberg gegen die Tigers. Hier muss man nicht noch tiefer in die statistische Analyse gehen um zu erkennen, dass man so einfach kein Spiel gewinnen kann.
Lichtblick des Tages
Für mich war der Lichtblick des Tages der beherzte Auftritt des Mirjan Broening. Nachdem er im letzten Spiel überhaupt nicht zum Einsatz gekommen war, durfte der junge Tigers-Guard gegen Heidelberg zehn Minuten aufs Spielfeld, präsentierte sich dabei vor allem defensiv mit zwei Steals sehr engagiert und brachte in einer kritischen Phase des zweiten Viertels wertvolle Energie aufs Parkett. Gerne hätte ich noch mehr Mirjan Broening gegen die Academics gesehen!
Bonus-Stat: ich habe mir die Mühe gemacht und für alle Tigers-Spieler über die Saison hinweg die Steals pro Minute Spielzeit berechnet und in dieser Kategorie führt Broening mit einem Wert von 0,12 weit vor den darauffolgenden Josh Sharkey (0,066) und Troy Simons (0,057). https://www.youtube.com/watch?v=1S2GICrbH7A
(Rechenfehler natürlich vorbehalten).
Schmankerl des Tages
Auf Platz 1 landet der bereits angesprochene Demütigungs-Dunk von Shaun Willet bei ca. 35 Sekunden auf der Uhr im vierten Viertel, der den Dominanzbeweis darstellt, den kein Tigers-Fan mehr sehen wollte, aber einfach ein optischer Leckerbissen ist.
Auf den Plätzen 2 und 3 findet sich wiedereinmal Isaiah Crawley, der zwei durchaus schmackhafte Druckkorbleger ablieferte, einen Alley-Oop im zweiten Viertel bei 8:48 auf der Uhr und einen brachialen Fastbreak-Dunk im dritten Viertel (bei ca. 5:06). Die Mühe, die zwei Dunks zu vergleichen, möchte ich mir nicht machen, aber beide sollten hier Erwähnung finden, da sie aller Voraussicht nach und völlig zu unrecht nicht den Sprung in die höchst undurchsichtig produzierten Sportdeutschland.tv-ProA-Highlights schaffen werden.
Für die Shaqtin‘ A Fool-Enthusiast:innen unter Euch, möchte ich noch die Anfangssequenz des dritten Viertels empfehlen, die mit ihren zwei aufeinanderfolgenden Turnovern plus einem Beinahe-Ballverlust hohen komischen Wert hatte.
Streambewertung
8/10. Es hat sich ordentlich was getan beim Stream der Tigers und das erfreut mich zutiefst! Zum ersten Mal wurde eine „Pregame-Show“ auf Social Media angekündigt, deren ersten zehn Minuten zwar einem Missverständnis mit Sportdeutschland.tv zum Opfer gefallen sind, die dann aber noch stattfand und ein deutliches Upgrade zur bisherigen Berichterstattung darstellt. Hier wurde angemessen kritisch und fachkundig auf Zuschauer:innen-Fragen eingegangen und auf das Spiel eingestimmt.
Dabei fand ich es hier und auch an anderen Stellen im Stream sehr positiv, dass mit Rouven Hänig und Niklas Schüler (herzliche Geburtstagsglückwünsche an dieser Stelle!) beide Kommentatoren selbst Basketball spielen und dementsprechendes Fachwissen mit- und einbringen. Auch wenn hier natürlich immer noch weiter Luft nach oben zur Professionalisierung besteht, sehe ich den Tigers-Stream, was den Kommentar und Fan-Interaktion betrifft, eindeutig auf dem richtigen Weg.
Auch Produktionstechnsich wurden im Vergleich zum letzten Spiel Fortschritte gemacht: endlich stand die versprochene Zeitlupen-Wiederholungstechnik zur Verfügung, die eine absolute Bereichung darstellt. Zwar gab es hier noch die zu erwartenden kleinen Unsauberkeiten, aber im Vergleich zum Paderborner Replay-Management, war der Tigers-Stream heute schon deutlich besser.
Jugendspieler-Watch
Gegen Heidelberg wurden mit Mirjan Broening (10:04) und Timo Lanmüller (25:28) zwei U22-Spieler eingesetzt, die gemeinsam insgesamt ca. 17,8% der möglichen Spielzeit erhielten. Im Vergleich zum letzten Spiel ist das ein kleiner Schritt nach vorne, aber vor allem von Broening hätte ich in diesem Spiel doch gerne noch etwas mehr gesehen (Jekabs Beck habe ich eh schmerzlich vermisst).
Links
Hier die gewohnten Links zu den Spielberichten der beteiligten Teams:
Entweder war ich zu unfähig, die Website der Academics zu navigieren, oder dort findet sich kein Spielbericht.
Und zu den Stats:
https://live.2basketballbundesliga.de/g/107081
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