Zusammenfassung
- Viertel: Die extrem ersatzgeschwächten Tigers (heute ohne Crawley, Sharkey, Keppeler, Mikesell, Broening, Sorgius) finden gegen aggressive Hagener schwer in die Partie und fangen sich einen 3:10-Lauf in nur zwei Minuten. Danach stimmt die Intensität und die Tübinger können ihre Gäste immer wieder zu Ballverlusten und beim Stand von 9:10 auch zur Auszeit zwingen. Was darauf folgt ist ein wilder Shootout, den die Hagener gewinnen und so dank sechs getroffener Dreier und einer 75-prozentigen Feldwurfquote zum Viertelende mit 20:30 führen.
- Viertel: Nach kurzen Anlaufschwierigkeiten in der Offensive verfallen beide Teams in ein fröhliches Geballere und Gerenne. Wie in Gedenken an die glorreichen Zeiten unter Ingo Freyer zwingen die Feuervögel den Tigers ein wildes Run-and-Gun-Spiel auf. Dabei haben zunächst die Gäste die Oberhand, führen dank weiter hervorragenden Quoten aus der Distanz in der 14. Minute bereits mit 26:40. Mit Enosch Wolfs Ellenbogen gegen Joel Aminu (den man als Streamzuschauer:in ungefähr zehn mal in Slow Motion genießen durfte – danke dafür an die Regie!) als eine Art Momentum Changer können die Tigers aber aufholen, verkürzen auf 40:43 (17. Minute). Bis zur Halbzeitpause ändert sich an der Dynamik des Spiels nicht mehr viel und mit einem Rückstand von 47:53 gehen die Tübinger ins dritte Viertel.
- Viertel: Zu Beginn der zweiten Halbzeit laufen die Tigers mit den Hagenern mit, können aber noch nicht bedeutend verkürzen. Erst in der 23. Minute können die Hausherren dann das Momentum an sich reißen. Drei sehenswerte Blocks von Wolf und Valtonen bringen die Mannschaft in Fahrt und in der 24. Minute können die Tigers dann mit 60:59 endlich wieder die Führung übernehmen. Bis zum Viertelende sehen die Tübinger spielerisch deutlich besser aus, lassen den Ball schön laufen und einzig ihren Dreiern, die weiterhin unglaublich sicher fallen, haben es die Phoenixe zu verdanken, dass sie mit nur vier Punkten Rückstand (81:77) ins letzte Viertel gehen.
- Viertel: die Hagener Gäste kommen stärker aus der Pause, legen einen 12:2-Run hin, der ihnen eine 83:89-Führung beschert (33.Minute) und bei Tigersfans die Angst vor dem altbekannten Einbruch zu Spielende aufkommen lässt. Doch wie noch vor zwei Tagen gegen Kirchheim schaffen es die Tübinger, in den letzten Minuten ihre defensive Intensität zu steigern und können Hagen dadurch für den Rest des Spiels bei nur sechs Punkten halten. So können die Janssons aufholen und die Führung wiedererlangen. In der 39. Minute steht das Spiel dann noch einmal kurz auf Messers Schneide, als Hagen wieder auf 96:95 verkürzen kann. Ein eiskalter Stepback-Dreier von Troy Simons und ein ganz wichtiger Block von Elias Valtonen sichern den Tigers dann allerdings den verdienten 100:95-Heimsieg.
Viewers‘ Guide für den Relive-Genuss
- Viertel: Masochismus-Rating 5/10. Auf der positiven Seite ist die phasenweise aggressive Defense der Tübinger zu erwähnen, die in vier Steals und sehenswerten Fastbreaks resultierte. Absolut unangenehm war hingegen das Gefühl, von den Hagenern von der Dreierlinie regelrecht abgeschossen zu werden und dem nur wenig entgegenzustellen. Insgesamt ein unterhaltsames Viertel, in dem es munter das Spielfeld hoch und runter ging, das aber sicherlich eher Hagen-Fans Freude bereitet hat.
- Viertel: Masochismus-Rating 5/10. Dieser Spielabschnitt ist wirklich Geschmackssache, für Liebhaber:innen geduldigen und strukturierten Angriffsspiels sicher nichts, allen hingegen, die der Devise „wer trifft hat Recht“ anhängen, wird das zweite Viertel richtig Spaß bereitet haben. Aus Tigers-Sicht war der Abschnitt beileibe nicht katastrophal, fast sogar stark, wenn man überlegt, dass Hagen mit 63% Feldwurfquote den Janssons (44%) hier weit überlegen war, das Spiel aer trotzdem nicht an sich reißen konnte. Als basketball-ästhetischer Wermutstropfen sind allerdings die vielen Foulpfiffe zu nennen, die der Partie zum Viertelende hin viel von ihrem Rhythmus nehmen.
- Viertel: Masochismus-Rating 3/10. Das Tempo der Partie bleibt hoch, dementsprechend fallen viele Punkte und es gibt eine Menge gelungener Offensivaktionen zu bewundern. Dazu kommt, dass die Tigers in diesem Viertel mit ihrer aggressiven Defense auch am eigenen Korb Highlights setzen können, was beim Zuschauen große Freude bereitet.
- Viertel: Masochismus-Rating 3/10. Natürlich können es sich die Tigers nicht verkneifen, noch einmal kurz zu wackeln, Hagen in Führung kommen zu lassen und den Puls ihrer Fans in die Höhe zu treiben. Am Ende überwiegt dann aber doch die Freude über die souverän ausgespielte Schlussphase und den Sieg, der vollkommen verdient ist und angesichts der vielen Ausfälle umso besser schmeckt.
Woran hat es gelegen?
Die Defensive der Tigers in der Schlussphase. Nach Paul Gieses Dreier bei 1:38 Minuten vor Spielende konnten die Tübinger ihre Gäste konsequent am punkten hindern und schickten die Hagener dabei auch nicht ein einziges Mal an die Linie. Besonders Elias Valtonens Block und Enosch Wolfs Steal in der letzten Minute sind hier hervorzuheben und ganz entscheidende Faktoren für den heutigen Sieg.
Das Spiel in einem Video
https://www.youtube.com/watch?v=JXQdM7tU6B0
Es war eine gute Woche für Dreier: erst Marcus Eriksson für Alba, dann Phoenix Hagen gegen die Tigers. Steile These: Hagens Dreierperformance verhält sich zu Erikssons Meisterstück (10/13 Dreiern) genau wie die ProA zur Euroleague: vom Niveau her etwas schlechter, aber im Prinzip identisch.
Sadist des Tages
Jannik Lodders. Ich weiß nicht, ob es eine stark verzerrte Wahrnehmung meinerseits ist, oder die Statistiken mich hier unterstützen, aber jedesmal wenn ich in einer Tigers-Übertragung den Namen Lodders höre, läuft es mir kalt den Rücken hinunter. Gefühlt hat das Brüderduo Robin und Jannik nicht nur den schönsten Nachnamen der gesamten Barmer ProA gemeinsam, sondern auch die Eigenschaft, dass sie gegen die Tigers immer ordentlich abliefern. Nachdem Robin (für Science City Jena im Einsatz) diese Saison im Schnitt 14 Punkte pro Partie gegen die Tigers erzielte, hat der zwei Jahre ältere Jannik den Tigers heute ganze 21 Punkte eingeschenkt und dabei fünf seiner sieben Distanzwürfe versenkt. Besondere Schmerzen bereitet hat mir dabei nicht nur seine starke Leistung an sich, sondern auch sein Sprungwurf, den ich als absoluter Amateur natürlich kein Recht habe zu kritisieren, der aber rein ästhetisch schon eher in den Bereich „wilde Schleuder“ einzuordnen ist (siehe dazu z.B. im vierten Viertel bei 8:24 auf der Uhr).
Lichtblick des Tages
Nachdem am vergangenen Spieltag Enosch Wolf dafür gelobt wurde, für die ausgefallenen Spieler in die Bresche gesprungen zu sein – und auch wenn er das gleiche Lob heute noch einmal verdient gehabt hätte – geht der Titel des Lichtblicks des Tages an Gianni Otto. Ähnlich wie Wolf nutzte Otto die Ausfälle der Tigers (in diesem Fall natürlich besonders den von Josh Sharkey) um mehr Verantwortung für seine Mannschaft zu übernehmen. Das tat der Back-Up-Pointguard der Tigers mit durchschlagendem Erfolg, 13 Punkte, neun Assists, fünf Rebounds und fünf (!) Steals brachte er aufs Parkett und sorgte so vor allem defensiv und im Spielaufbau für ganz wichtige Akzente.
Statistik des Tages
An dieser Stelle bleibt mir nichts anderes übrig, als die überragende Statline von Elias Valtonen zu loben. Schon in der Halbzeit wurde der erst 21-Jährige von dem Großteil seiner Mitspieler in der Kategorie „03-Fragen an…“ als der Tiger mit der größten Zukunft eingeschätzt und bewies dann auf dem Spielfeld mehr als eindrucksvoll, warum ihn seine Teammates derart schätzen. Mit 24 Punkten (57% FG), sieben Assists, acht Rebounds, vier Blocks und einem Steal bei nur einem Ballverlust legte er eine atemberaubende Allround-Performance hin und konnte völlig verdient die attraktivste individuelle Auszeichnung der ProA, die Tress-Man-of-the-Match-Nudeltasche gewinnen.
Schmankerl des Tages
Nachdem es mir für das Spiel der Tigers in Kirchheim noch schwer fiel, genug erwähnenswerte Highlights zu finden, stehe ich nun vor dem genauen Gegenteil dieses Problems: auszuwählen, welche der vielen Glanzlichter es verdient haben, hier aufgezählt zu werden.
Darum heute in loser Reihenfolge drei längere Highlightsequenzen, für die es sich lohnen dürfte, sich nochmal umständlich durch die Relive-Wiedergabe zu klicken.
- Die drei Blocks von Wolf und Valtonen im dritten Viertel (Beginn: Q3, ca. 07:40, Ende Q3, 07:16): sehr sehenswerte Defensivaktionen, die das Momentum des Spiels entscheidend beeinflusst haben.
- Troy Simons im letzten Viertel: erst mit einem sehr attraktiven Baseline-Dunk (Q4, ca. 4:15) und dann mit seinem Dagger-Dreier, der die Hoffnungen der Hagener auf den Sieg endgültig begrub (Q4, 0:22), war Simons der Mann, der in der Schlussphase die Verantwortung übernahm – und zwar auf mehr als sehenswerte Weise.
- Die Sequenz, die die Tigers im ersten Viertel richtig ins Spiel kommen ließ: zwei Steals, die in zwei Fastbreak-Dunks von Elias Valtonen und Enosch Wolf endeten (Q1: ca. 07:45-06:50) und die Hagener zu ihrer ersten Auszeit zwangen.
Jugendspieler-Watch
Aus der dünnen Achter-Rotation, die Danny Jansson gegen Phoenix Hagen aufs Parkett schickte, zählen drei der eingesetzten Spieler nach Statuten der ProA als Nachwuchsspieler: Jekabs Beck (12:51 Min.), Timo Lanmüller (21:11 Min.) und Elias Valtonen, der mit 34:32 Min. Einsatzzeit seine ganze Mannschaft anführt und dessen Aufnahme in den Kreis der Nachwuchstalente mir mit jeder Partie der Saison den anderen U22-Spielern der ProA gegenüber immer unfairer erscheint. Insgesamt stehen damit 68:34 Min. Spielzeit für vermeintliche Jugendspieler zu Buche, was ungefähr 34,3 Prozent der verfügbaren Einsatzzeit ausmacht.
Streambewertung
8,5/10. So langsam gehen mir die Kritikpunkte am Stream der Tigers aus, mit der inzwischen auch wirklich gut produzierten Pre-Game-Show (die Grafiken gefallen mir sehr!) inklusive der außerordentlich unterhaltsamen neuen Kategorie „03 Fragen an…“ und gut recherchierter Einschätzung der Gegner und einem weiteren Einspieler zur Halbzeitpause wurden die größten noch bestehenden Baustellen angesprochen. Wenn man bedenkt, was sich hier seit Beginn der Saison getan hat, ist das eine Entwicklung, die mich sehr positiv stimmt.
Einzig die Frage „Wen würdest du niemals deine Schwester daten lassen“ bei „03 Fragen an…“ lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Natürlich ist es sehr unterhaltsam, seine Teammates nach Datebarkeit zu sortieren und hier eine etwas lockerere Note in die Berichterstattung rund um das Spiel mitaufzunehmen – darüber habe ich mich gefreut! Allerdings hatte ich auch ein wenig Angst, dass das Ganze in ein unangenehm-patriarchales Fahrwasser abdriftet, in dem es darum geht, für die eigene Schwester Entscheidungen treffen zu wollen, die ihre ureigenen sind und in denen sie sich nichts von ihrem Bruder vorzuschreiben hat. Für mich wurde diese Grenze noch nicht überschritten, ich kann mir aber vorstellen, dass andere Menschen diese Frage zurecht als unangenehm empfanden. Hier kommen wir schnell zu einem ganz anderem Thema, dem der verzerrten undstereotypischen Bilder von Männlichkeit und Weiblichkeit im Sport, bzw. hier genauer Basketball, denen ich im Amateurbereich regelmäßig begegne, und die mir auch in höchsten Profikreisen recht verbreitet erscheinen. Wenn hier verkrustete Muster aufgebrochen werden, ist das unbedingt zu begrüßen!
Na ja, der Stream war auf jeden Fall gut bis sehr gut und mich freut der Mehraufwand, der in Formate wie „03 Fragen an…“ gesteckt wird, danke!
Links
Hier noch zu den Spielberichten der jeweiligen Teams:
Tigers: https://tigers-tuebingen.de/dezimierte-tiger-zeigen-krallen-10095-erfolg-ueber-phoenix-hagen/
Hagen: https://www.phoenix-hagen.de/news/details/news/defensiv-zu-loechrig-phoenix-verliert-in-tuebingen/
und zu den Stats: https://live.2basketballbundesliga.de/g/107106
Wie immer freue ich mich über Feedback via Mail (an kontakt (a t) basketball-masochisten.de) oder Instagram (@stochastikk)!