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Spielberichte

Tigers – Rostock

Zusammenfassung

  1. Viertel: Beide Teams beginnen fahrig und unkonzentriert, die Tigers erzielen 7 ihrer 13 Punkte von der Freiwurflinie und werden vom motivierten Isaiah Crawley im Spiel gehalten. Am Ende des Viertels steht es 13 zu 13, worüber sich wohl niemand so wirklich freut.
  2. Viertel: Lange geht bei den Tigers wirklich wenig, bis dann Timo Lanmüller ab der vierten Minute des Viertels aufdreht und bis zur Halbzeit 11 Punkte erzielt. Defensiv sehen die Tübinger unter dem Korb recht schwach, ansonsten engagiert aus und gehen mit einem Rückstand von 41:35 in die Halbzeitpause
  3. Viertel: Nachdem die Tigers zu Beginn noch sehr unglücklich in der Offensive agieren, drehen sie im Viertelverlauf immer weiter auf, kämpfen sich durch ihre engagierte Verteidigung ins Spiel und finden auch offensiv hin und wieder so etwas wie einen Rhythmus. Verdient liegen die Tübinger mit 50:54 zur Viertelpause vor den favorisierten Gastgebern.
  4. Viertel: Zunächst schaffen es die Jansson-Jungs, ihren Vorsprung zu verteidigen und Rostock immer wieder zu Ballverlusten zu zwingen. Zum Viertelende hin können die Seawolves dann vor allem aus ihrer Überlegenheit unter dem Korb und den daraus resultierenden Offensivrebounds Profit schlagen. In einer komplett offenen Schlussphase sind die Tigers dann zu schludrig und verpassen den durchaus möglichen Sieg gegen die cooleren Hausherren.

Woran hat es gelegen?

https://www.youtube.com/watch?v=ElWOGVqNGTQ
An den Kleinigkeiten. Um den Ausgang des Spiels übermäßig vereinfacht zu erklären, könnte man die Reboundunterlegenheit der Tigers, die trotz prominenter Ausfälle immer noch hohe personelle Qualität der Seawolves, oder die weitestgehende Unfähigkeit der Gäste, den Rostocker Big Man Keith Wright im Zaum zu halten, heranzeihen. Trotzdem hatten die sympathischen Raubkatzen alle Möglichkeiten, das Spiel doch noch für sich zu entscheiden, so dass es Details wie der tragisch verlegte Korbleger von Elias Valtonen 23 Sekunden vor Schluss oder die magere Ausbeute von 2/4 Freiwürfen in der letzten Minute waren, die für die Niederlage verantwortlich zu machen sind. Dass Isaiah Crawleys Fade-Away zum Ausgleich kurz vor Schluss nur knapp aus dem Korb rollt, kann man ihm nicht zum Vorwurf machen, ist aber die bittere Krönung einer ganz unglücklichen Crunchtime.

Das Spiel in einem Video
https://www.youtube.com/watch?v=q9m1I9BKgOo

Da wäre mehr drin gewesen.

Viewers‘ Guide für den Relive-Genuss

Das erste Viertel ist außer für Freund:innen von Freiwürfen und verkrampften Offensivaktionen nicht zu empfehlen. Einzig der Exkurs der Rostocker Kommentatoren zu Finnland und Wikipedia (ab ca. der 2. Minute des Viertels) ist für diesen Spielabschnitt noch lobend zu erwähnen.
Im zweiten Viertel fallen zwar endlich mehr Körbe, doch einen wirklichen Leckerbissen bekommt man als Streamzuschauer:in bisher nicht präsentiert. Trotzdem sehenswert: Timo Lanmüller, der ab der vierten Minute des Viertels aufdreht und die Tigers mit 11 Punkten in der Partie hält.
Auch wenn das Spiel nie wirklich ein Attraktives wird und jederzeit mit überraschenden Airballs und mehr oder weniger haarsträubenden Fehlern zu rechnen ist, würde ich ab der fünften Minute des dritten Viertels bis zum Spielende eine durchgehende Schau-Empfehlung aussprechen, zumindest für abgehärtete Tigers-Fans. Ab ungefähr diesen Zeitpunkt gehen die Tübinger sehr motiviert zu Werke und das Spiel ist durchgehend knapp und intensiv. In der Viertelpause zum vierten Viertel gilt es für Gossip-Begeisterte nicht abzuschalten, da hier überraschende Details über die Karriereplanung von Seawolves-Kante Keith Wright bekanntgegeben werden.
Zwar fallen im letzten Spielabschnitt die mit Abstand meisten Punkte, als Offensiv-Feuerwerk könnte man ihn aber guten Gewissens wohl nur im Vergleich zum Trier-Spiel der letzten Woche bezeichnen. Vor dem dramatischen und wieder einmal frustrierenden Finale erwarten die Zuschauer:innen hier noch teils gallige Tigers-Defense, eine Menge Rostocker Offensiv-Rebounds und die übliche emotionale Achterbahnfahrt eines Tigers-Schlussviertels.

Statistik des Tages

35% ihrer Würfe aus dem Feld trafen die Tigers gegen die Rostock Seawolves. Umso beeindruckender, dass die Tübinger das ganze Spiel über nicht den Anschluss an die Seawolves verloren und dank ihres starken Einsatzes und 25 getroffenen Freiwürfen noch reelle Chancen auf den Sieg hatten.

Lichtblick des Tages

Timo Lanmüller. Von den Rostocker Kommentatoren liebevoll Tino Lanmeyer getauft, brachte der 19-Jährige alles aufs Parkett, was man sich von einem derart jungen Spieler wünschen kann: Unbekümmertheit, Kaltschnäuzigkeit im Abschluss, besonders von der Dreierlinie, und kein unnötiger Respekt vor den Rostocker Veteranen. Vor allem wie Lanmüller sich mit Rain Veideman beharkte und vor keiner Konfrontation zurückscheute, war Balsam für die Seelen aller Basketball-Jugendspieler, die sich mit ähnlichen stämmigen, kahlgeschorenen, griesgrämigen Veteranen herumschlagen mussten, die dazu niegen, mit großem Genuss jedes ihrer Körperteile zu nutzen um sich einen Vorteil zu verschaffen.
Anders gesagt: wenn Lanmüller es weiter schafft, derart mutig und selbstbewusst aufzutreten, ist das einer der Gründe, dem Rest der Saison mit etwas Optimismus entgegenzusehen.

Schmankerl des Tages

In einer vom Kampf geprägten Partie, in der auch Danny Janssons Hemdenwahl (dieses Mal schlicht weiß) nicht für die gewohnten optischen Highlights sorgen konnte, ist wohl der von Josh Sharkey und Isaiah Crawley gelaufene Fastbreak (3. Viertel, ~3:38 zu spielen) die für Tigersfans sehenswerteste Aktion und damit Schmankerl des Spiels. Auf Platz zwei des Schmankerl-Rankings: der artistische Überschlag von Isaiah Crawley über die Werbebande (2. Viertel, ~ 2:36 auf der Uhr). Der dritte Platz geht an die Geburtstagsgrüße, die im zweiten Viertel während der Auszeit in der 20. Minute eingeblendet wurden. Auch von dieser Stelle aus herzliche Glückwünsche an Yvonne und Pauli.

Streambewertung

9/10. Welten vor den Liveübertragungen der Tigers (welcher Stream ist das nicht?), aber auch im gesamten Ligavergleich vorne mit dabei. Sehr hochwertige Produktion mit ausführlichen und unterhaltsamen Pregame- und Halbzeit-Interviews, in den Auszeiten eingeblendeten Videos der Rostocker Cheerleaderinnen und gelungene Interaktion mit Streamzuschauer:innen. Einzig den Live-Kommentar hätte ich mir (auch von der Tonqualität her) vielleicht etwas professioneller gewünscht – auf diesem Gebiet wird aber in dieser Saison wohl eh niemand mehr an Trier vorbeikommen. Positiv sind aber Luxus-Features wie mehrere Kameraeinstellungen, Wiederholungen nach Highlights und die brillante Werbung für die Swing-Connection Rostock nach dem ersten Viertel zu erwähnen.

Jugendspieler-Watch

Nachdem die Tigers vor der diesjährigen Saison die Devise ausgegeben haben, stärker auf Jugendspieler zu setzen und mit Danny Jansson einen Coach verpflichtet haben, der für dieses Konzept einsteht, muss sich das Tübinger Profiteam dieses Jahr auch daran messen lessen, inwiefern dieser Vorsatz umgesetzt wird.
Im Spiel gegen die Rostock Seawolves absolvierten vier U22-Spieler (Fischer, Beck, Lanmüller und Valtonen) insgesamt 59 Minuten und 27 Sekunden, was ziemlich genau 30% der verfügbaren Einsatzzeit von 200 Minuten ausmacht – ein durchaus ordentlicher Wert. Man darf in den nöchsten Wochen auf dieser Website gespannt verfolgen, wie sich diese Zahlen im Laufe der Saison (v.a. mit der Rückkehr von Besnik Bekteshi) entwickeln.

Links

Da dieser Spielbericht offensichtlich tendenziös ist und eventuell andere Schwerpunkte setzt, als die Leserschaft für gewöhnlich gewohnt ist, hier die (professionelleren) Spielberichte der beiden Vereine, sowie die offiziellen Spielstatistiken:
https://tigers-tuebingen.de/einfach-nicht-clever-genug-7983-niederlage-in-rostock/
https://seawolves.de/2021/01/seawolves-krallen-sich-zittersieg-gegen-tuebingen/
https://live.2basketballbundesliga.de/g/107035?s=boxscore

Feedback oder Beschwerden sehr gerne per Mail an: kontakt (a t) basketball-masochisten.de, in Bälde gerne auch postalisch an das noch einzurichtende Postfach. Besonders dankbar bin ich für Synonyme, die ich anstelle von „Tigers“ im Text verwenden kann und die nicht „Neckarstädter,“ „Schwaben“ oder „Raubkatzen“ sind.